Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Finanzen

1. Falle: fehlende Fristenkongruenz

Wer zur Anschaffung der Praxisausstattung einen Kredit aufnimmt, bemerkt oft zu spät, dass er den noch abzahlen muss, wenn er die Geräte eigentlich nicht mehr verwenden, beziehungweise durch neue ersetzen möchte. Ein Verkauf der gebrauchten Einrichtung und Technik bringt häufig nicht das ein, was zur Ablösung der Restschuld nötig wäre. Werden dann noch neue Geräte oder Einrichtungsgegenstände angeschafft, kommt es oft zu einer Anhäufung von Schulden.

2. Falle: Anschlussfinanzierungsrisiko

Ähnlich geht es den Ärzten, die ihre Praxis in der eigenen Immobilie haben und die Kreditlaufzeit für das Haus auf beispielsweise zehn Jahre festgeschrieben haben. Kritisch wird es, wenn das Geld aus einem Tilgungsträger (Lebensversicherung etc.) aber erst nach zwölf Jahren, also zwei Jahre später, zur Verfügung steht. Der Arzt geht davon aus, dass die Überbrückung kein Problem ist, schließlich ist die Immobilie eine große Sicherheit und die Einnahmen in der Praxis sprudeln auch. Das ist auch so, allerdings werden solche “Lücken” von Banken gerne ausgenutzt, um doch noch hohe Zinsen durchzusetzen. Dies gilt vor allem, wenn das investierte Eigenkapital und die Kredittilgung bisher so gering waren, dass keine andere Bank bereit ist, eine Umschuldung zu tragen.

Fazit: Je geringer das Eigenkapital, desto wichtiger sind rechtssichere Vereinbarungen mit dem Kreditinstitut, damit man auch die Anschlussfinanzierung später zu üblichen Marktkonditionen bekommt.

3. Falle: Rückstände, fehlende, fehlerhafte oder manipulierte Unterlagen zur Bonität

Ärzte sollten sich nicht darauf verlassen, dass sie ihre Pflichten auch mal schleifen lassen können, weil der Bankbetreuer sie doch schon so lange kennt und es bisher noch nie Probleme gab. Tatsächlich sind viele Betroffene überrascht, wie schnell es zu einer fristlosen Kündigung eines Kredits kommen kann. Meist wird das Problem aber vom Kunden selbst provoziert. Es stellt sich beispielsweise heraus, dass fällige Zins- und Tilgungszahlungen nicht erfolgt sind, Unterlagen zur Beurteilung der Bonität nicht oder „beschönigt“ vorgelegt wurden. Aber auch, wenn sich die Kreditwürdigkeit des Arztes objektiv verschlechtert hat, droht eine Kündigung. Indizien für bevorstehende Probleme mit der Bank können Vollstreckungsmaßnahmen sein, oder die wiederholte Überschreitung vereinbarter Limite.

Meistens lässt sich die Kreditkündigung noch abwenden. Das setzt allerdings voraus, dass der Arzt den Kopf nicht in den Sand steckt, sondern das Gespräch mit der Bank rechtzeitig sucht.

4. Falle: Geduldete Kontoüberziehung

Vorsicht ist auch geboten, wenn Sie einen Kredit laufen haben und das Praxiskonto gleichzeitig immer wieder in die roten Zahlen rutscht und dies der Bank auch schon negativ aufgefallen ist. Auch wenn Ärzte mit ihrem geringen Insolvenzrisiko einen großen Vertrauensvorschuss genießen: Keine Bank ist verpflichtet, ständige Überziehungen des Kontos hinzunehmen. Das gilt vor allem, wenn Sie dies schon wiederholt abgemahnt hat. Anders liegt der Fall, wenn die Überziehung bisher ohne Beanstandung wiederholt hingenommen wurde. Dann darf sich der Arzt darauf verlassen, dass dies auch in Zukunft toleriert wird. Ansonsten kommt eine plötzliche Kreditkündigung „zur Unzeit“, und bringt die Bank in eine Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.

5. Falle: Untersicherung und -übersicherung

Was viele Praxisinhaber, die einen Kredit aufnehmen, nicht wissen: Banken dürfen die Kreditsicherheiten jederzeit neu bewerten. Eine dann plötzlich auftretende Untersicherung kann durchaus zu einer Kreditkündigung führen. Der kreditnehmende Arzt ist daher gut beraten, die Werthaltigkeit seiner Investments/Kapitalanlagen vorher selbst auf eigene Rechnung zu prüfen und die Bewertungsmaßstäbe objektiv im Kreditvertrag festzuschreiben. Besitzt die Bank mehr als 120 Prozent Vermögenswerte als Sicherheiten, so ist sie zur Freigabe verpflichtet: Aber auch dies ist im Vertrag zu regeln, denn anderenfalls kann es sich die Bank aussuchen, auf welche Sicherheit sie zunächst verzichten möchte.

6. Falle: Festkredit mit Lebensversicherung zur Tilgung

Nicht erst seit der Finanzkrise fordern Banker vom Kunden, eine Lebensversicherung abzuschließen, um einen Kredit zu bekommen. Dieses Provisionsmaximierungsmodell ist nicht nur steuerlich oft nachteilig. Ein Sachverständigengutachten wird jenen Finanzierungsschaden belegen können, für den das Kreditinstitut dann unmittelbar haftet. Annuitätendarlehen sind stets preiswerter beziehungsweise schneller abbezahlt. Doch wird der Kunde darüber oft durch unrealistische Beispielrechnungen getäuscht: Nur auf dem Papier wird der Kredit durch die Ablaufleistung der Lebensversicherung tatsächlich getilgt. In der Realität stellt der Kreditnehmer aber fest, dass er nach Verrechnung mit der Ablaufleistung der Lebensversicherung auf einer erheblichen Restschuld sitzen bleibt.

7. Falle: Hausbank ohne Alternativen

Nicht nur bei Kapitalanlagen ist es eine gute Regel, das Risiko zu streuen. Auch bei Kreditfinanzierungen empfiehlt es sich noch mindestens mit zwei weiteren Banken in Verbindung zu stehen – am besten in zwei verschiedenen Ländern. Kommt es mit einer Bank zum Streit, kann die Zahlungsfähigkeit aufrechterhalten und die oft sichere Insolvenz vermieden werden.

8. Falle: Eingriff der Bank in die Praxisleitung

Es gibt viele Banken, die selbständigen Kreditkunden „eigene“ Berater für die weiteren wirtschaftlichen Fragen aufdrängen wollen. Was gut gemeint daherkommt, entpuppt sich bisweilen nur als Maßnahme weitere Kreditsicherheiten zu erlangen oder gegenüber anderen Gläubigern als Bank bevorzugt zu werden. Ein qualifizierter und unabhängiger Steuerberater/Wirtschaftsprüfer ist für Praxisinhaber hier sicher die bessere Wahl.

9. Falle: „Hai Happen“ für Banken und nahestehende Personen

Zugeben wird das natürlich keiner, dennoch sollte man vermeiden, dass das eigene Vermögen zur Beute von unseriösen Finanzhaien werden kann. Bei solchen werden „Gute Freunde“ bisweilen schon vorab über Vermögenswerte informiert und in Stellung gebracht – noch bevor eine Kreditkündigung ausgesprochen wurde. Solche Indiskretionen verstoßen natürlich gegen Bankgeheimnis und Datenschutz, wenn man es nachweisen kann. Solcherlei abgesprochener „Beute-Teilung“ kann im Vorfeld besser schon mit strategischer Kreditvertragsgestaltung entgegengetreten werden.

10. Falle: Heuschrecken und Inkassobüros

Großbanken und Sparkassen haben sich bei vielen Gewerbetreibenden und Freiberuflern ihren Ruf auch dadurch demoliert, dass sie Kreditforderungen an „Hedge-Fonds“ und „Moskau-Inkasso“ weitergaben. Weder Gerichte noch Gesetzgeber bieten hier einen echten Schutz für Selbstständige. Gelegentlich bedauert dann der Kundenberater, dass man einen Kredit ohne wirkliche Not kündigen musste, um ihn an eine Heuschrecke weiterzuverkaufen. Manchmal kommt dann noch die Bemerkung „Ja, wir wissen, dass dies illegal war – aber das Ende eines Prozesses werden allenfalls Ihre Erben erleben können“. Auch hier gilt es, sich im Vorfeld entsprechend vertraglich abzusichern.

Die Experten: Dr. Johannes Fiala, RA (München), VB, MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), LB (Univ.), Bankkaufmann (www.fiala.de) und Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de).