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Finanzen

Bei einer klassischen Vermögensverwaltung (VV) ist zu unterscheiden zwischen fondsgebundener und individueller Vermögensverwaltung. Während die fondsgebundene VV meist ab einem Volumen von 50.000 Euro möglich ist, beginnt die individuelle VV in der Regel ab einer Größenordnung von 250.000 Euro, in manchen Häusern erst bei 500.000 Euro.

Umfassende Analyse der Finanz-Situation

Die klassische Vermögensverwaltung bietet von allen hier beschriebenen Wegen die umfassendste Dienstleistung, wie Professor Hartwig Webersinke vom Institut für Vermögensverwaltung an der Technischen Hochschule Aschaffenburg erklärt: „Die Kunden erhalten neben der umfassenden Analyse ihrer Lebens-, Vermögens- und teils auch Steuersituation eine individuelle Planung ihrer Finanzen sowie eine intensive persönliche Betreuung und Beratung“, so der Wissenschaftler. Dadurch soll sich das Portfolio des Kunden harmonisch in das Gesamtvermögen einfügen, zu dem auch Immobilien und Beteiligungen gehören können. Außerdem könnten Nachfolge- und Erbschaftsplanungen eine Rolle spielen.

Vergleichsweise geringe Kosten

Ähnlich wie bei der Online-VV wählen die hoch qualifizierten unabhängigen Vermögensverwalter für ihre Kunden ohne jedes Vertriebsinteresse aus tausenden von Produkten geeignete ETFs oder aktiv verwaltete Fonds aus. Hinzu kommt bei größeren Depots eine reichhaltige Auswahl von Einzelwerten wie Aktien und Anleihen, auf die die Vermögensverwalter zurückgreifen können. Doch diese im Vergleich zu Filialbanken und Robo Advisors deutlich größeren Optionen für die Vermögensgestaltung ziehen keine höheren Kosten nach sich. Eher trifft das Gegenteil zu: „Die komplette jährliche Vergütung bewegt sich mit einer Spanne zwischen 1 und 1,5 Prozent des verwalteten Vermögens auf einem moderaten Niveau“, sagt Carmen Bandt von der KIDRON Vermögensverwaltung in Stuttgart. Darüber hinaus gebe es keine Kosten; Rückvergütungen würden in aller Regel an die Kunden weitergereicht.

Vermögensprofis suchen ihre Kunden auf

Die Vermögensverwalter suchen ihre Kunden regelmäßig auf, um sie zu informieren und sich mit ihnen abzusprechen. Bei Bedarf können weitere Termine vereinbart werden. Dieser persönliche Kontakt unterscheidet die klassische VV von der Online-VV, bei der die Kunden online oder per Telefon mit den Vermögensprofis kommunizieren. Ähnlich verläuft jedoch das Management des anvertrauten Geldes. Zum einen passen die Vermögensverwalter das Portfolio nach größeren Marktbewegungen automatisch an die vereinbarte Vermögensverteilung an, wie Prof. Hartwig Webersinke anmerkt. Zum anderen gehen sie im Gegensatz zu den Robo Advisors aktiv auf den Kunden zu, wenn sich die Marktlage spürbar ändert. „Das kann das Vermögen möglicherweise vor größeren Abschwüngen bewahren“, so der Leiter des InVV. Wegen ihrer oft jahrzehntelangen Berufslaufbahn haben unabhängige Vermögensverwalter in der Regel sehr gute Fachkenntnisse sowie Erfahrung mit Börsencrashs.

Infos zu 200 unabhängigen Vermögensverwaltern

Eine der führenden Adressen, bei denen Interessenten einen Überblick über die unabhängigen Vermögensverwaltungen in Deutschland gewinnen können, ist das Portal www.v-check.de. Dort finden sich die Adressen von knapp 200 unabhängigen Vermögensverwaltungen in ganz Deutschland. Anleger können hier ebenso gezielt nach Anbietern in ihrer Nähe suchen, wie sie sich über das Profil und das Mindestvolumen für eine individuelle Vermögensverwaltung informieren können.

Das können Anleger von unabhängigen Vermögensverwaltern erwarten

Wie sieht die Zusammenarbeit mit einem unabhängigen Vermögensverwalter aus?

Zu Beginn der Kooperation steht ein ausführliches Gespräch zwischen dem Interessenten und dem unabhängigen Vermögensverwalter. Dabei ermittelt der Vermögensprofi gemeinsam mit dem Kunden in spe dessen Lebens- und Vermögenssituation sowie seine Ziele. Künftige Geldzuflüsse, etwa eine Schenkung oder die Auszahlung einer Lebensversicherung, werden ebenfalls in diese Planung einbezogen. Gegebenenfalls werden andere Vermögensgegenstände, etwa Immobilien, in die Planung integriert. Ein sehr wichtiger Faktor bei der Portfolio-Entwicklung ist das Risiko, das der Kunde bei der Geldanlage maximal eingehen möchte. Die Frage lautet: Welchen zeitweiligen, sprich kurzfristigen Verlust will der Anleger höchstens hinnehmen, um seine längerfristigen Ziele zu erreichen? Ziel ist es, genau jenes Maß an Risiko zu finden, mit dem dieser Anleger auf Dauer – also auch in rauen Börsenzeiten – gut „leben“ kann. Daraus ergibt sich ein bestimmtes Rendite-Risiko-Profil als Basis für eine individuell auf diesen Kunden zugeschnittene Anlagestrategie.

Wie managt der unabhängige Vermögensverwalter mein Geld konkret?

In einem zweiten Schritt verteilt der unabhängige Vermögensverwalter das Vermögen gemäß der vereinbarten Anlagestrategie auf die verschiedenen Anlageklassen. Dieser Prozess, der auch Asset Allocation genannt wird, entscheidet nach aktuellen Erkenntnissen der Finanzwissenschaft mehr als alles andere darüber, ob ein Investor auf lange Sicht Erfolg haben wird. Zu den wesentlichen Anlageklassen, die sich durch ihre Rendite- und Risikoprofile unterscheiden, zählen Aktien, Anleihen, Edelmetalle und Cash. Je nach angelegtem Vermögen werden dazu ETFs, Fonds und/oder Einzeltitel genutzt. Nach der Konzeption und dem Aufbau beginnt das Monitoring des Portfolios, sprich dessen permanente Beobachtung und Prüfung. In diesem Rahmen berät sich die Vermögensverwaltung regelmäßig zu den Anlageprodukten und trifft taktische Entscheidungen, etwa zu Gewinnmitnahmen oder zum weiteren Kauf bzw. Verkauf von Einzeltiteln oder Fonds bzw. ETFs. All diese Prozesse erfolgen stets auf der Basis der vereinbarten Anlagestrategie – und niemals aufgrund von irgendwelchen Vertriebsvorgaben.

Wie erfahre ich von der Vermögensverwaltung, wie sich mein Portfolio entwickelt?

Unabhängige Vermögensverwalter informieren ihre Kunden mindestens vierteljährlich anhand eines schriftlichen Berichts und zusätzlich, nach Absprache mit dem Kunden, in persönlichen Gesprächen über die Entwicklung des Portfolios. Zudem können sich die Kunden bei Bedarf mit ihrem Ansprechpartner in der Vermögensverwaltung. austauschen. Wenn nötig, wird die Anlagestrategie auch außerhalb des Turnus angepasst – etwa wenn die Kinder aus dem Haus gehen, eine Erbschaft ins Haus steht oder sich der Ruhestand nähert.

„Kunden haben bei gleichem Risiko eine Chance auf höhere Renditen“

Welchen Nutzen bietet die unabhängige Vermögensverwaltung ihren Kunden aus Sicht der Forschung? Das Institut für unabhängige Vermögensverwaltung (InVV) an der TH Aschaffenburg forscht seit 2014 zu diesem Thema und befragt dazu jährlich die in Deutschland ansässigen rund 400 unabhängigen Vermögensverwaltungen. Prof. Hartwig Webersinke, der das InVV leitet, sagt: „Wer sich einem unabhängigen Vermögens­verwalter anvertraut, hat bei identischem Risiko eine realistische Chance auf höhere Renditen als ein Privatanleger oder ein Kunde, der sich an eine vertriebsgetriebene Institution wendet. Bemerkenswert ist auch, dass über 90 Prozent der Kunden unabhängiger Vermögens­verwalter über Weiterempfehlungen gewonnen werden.“ Als Grund für die strukturelle Chance auf höhere Renditen sieht er die hohe Qualifikation und Motivation der unabhängigen Vermögensverwalter. Viele Vermögensprofis seien zuvor in verantwortlichen Positionen in Banken tätig gewesen, hätten sich aber dann entschieden, den Interessen ihrer Kunden zu dienen, statt vorrangig Produkte ihres Arbeitgebers zu verkaufen.

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Autor: Jürgen Lutz