Praxisgemeinschaft zum Schein: Ärzte müssen 61.000 Euro Honorar zurückzahlen
A&W RedaktionWenn Zulassungsstatus und gelebte Wirklichkeit nicht übereinstimmen, gibt es Schwierigkeiten bei der Abrechnung von Krankenversicherungsleistungen. Denn nur wer im Rahmen seiner Zulassung arbeitet, darf auch abrechnen. Stefan Haban, Rechtsanwalt bei Ecovis in Regensburg, über den aktuellen Fall.
Eine Stichprobenprüfung ergab zu viele gemeinsam behandelte Patienten
Über eine Stichprobenprüfung hatte die Prüfungsstelle ermittelt, wie viele Patienten in einer Praxisgemeinschaft von Ärzten doppelt, gemeinsam oder überschneidend behandelt wurden. Die Quote lag bei mehr als 20 Prozent. Damit war das Aufgreifkriterium für die Plausibilitätsprüfung erfüllt. Bei den weiteren Ermittlungen stellte sich heraus, dass ein Arzt der Praxisgemeinschaft vertretungsweise die Betreuung der Patienten eines anderen Arztes übernahm, während dieser operierte. Außerdem wies die Praxis neue Patienten dem jeweils für den einzelnen Fall am besten geeigneten Arzt zu.
Praxisgemeinschaft und Berufsausübungsgemeinschaft sind nicht das Gleiche
Der Fall landete beim Sozialgericht Marburg. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass keine Praxisgemeinschaft vorlag, sondern eine Berufsausübungsgemeinschaft. Eine solche Art der Arbeitsteilung sei nur in dieser Form des Zusammenschlusses möglich (Urteil vom 01.10.2019, S 12 KA 2/18). „Für die Berufsausübungsgemeinschaft fehlte es aber an der notwendigen statusbegründenden Genehmigung durch den Zulassungsausschuss“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Stefan Haban aus Regensburg. Die ,faktische‘ Berufsausübungsgemeinschaft musste also für fünf Quartale 61.000 Euro zurückzahlen.
Das bedeutet das Urteil
Eine Berufsausübungsgemeinschaft oder Gemeinschaftspraxis benötigt eine statusbegründete Genehmigung des Zulassungsausschusses. Hier hatten die Ärzte aber lediglich eine Praxisgemeinschaft angemeldet, die nicht genehmigt werden muss.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass tatsächlich eine Berufsausübungsgemeinschaft vorlag, der aber die Genehmigung fehlte. Deswegen hat es die Kläger zur Rückvergütung der ohne Genehmigung erbrachten Leistungen verpflichtet.
„Bei allen Zusammenschlüssen und Kooperationen sollten Sie einen spezialisierten Berater hinzuziehen“, rät Ecovis-Experte Haban, „zu leicht kann man sich sonst im Dickicht der Zulassungen und Abrechnungsgenehmigungen verirren.“
Quelle: Ecovis