Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Honorare

Wer die ärztliche Leitung eines MVZ innehat, „ist in medizinischen Fragen weisungsfrei, übernimmt somit eine Gesamtverantwortung für die fachlich-medizinischen Abläufe im MVZ und steht für die Einhaltung vertragsarztrechtlicher Anforderungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ein“.

So oder so ähnlich beschreiben die Informationsbroschüren der KVen die Stellung, die der (vertrags-)ärztliche Leiter eines MVZ bekleidet. Nicht zur Sprache kommt hingegen, dass viele MVZ gewaltige Probleme haben, Kandidatinnen oder Kandidaten für eine solche Position zu finden – und dass eine Vakanz dramatische Folgen für das ganze MVZ haben kann.

Viel Verantwortung, wenig Ehr

Ein Blick in die jüngere sozialgerichtliche Rechtsprechung belegt dafür umso klarer, dass der Posten erhebliche Tücken hat: Wenn er besetzt ist, für denjenigen, der ihn innehat.

Und wenn er unbesetzt ist, droht dem MVZ Ärger. So entschied beispielsweise das Sozialgericht München im vergangenen Jahr, dass die korrekte Dokumentation und Abrechnung zwar grundsätzlich zu den vertragsärztlichen Pflichten jedes einzelnen Arztes gehört. In einem MVZ haftet für Fehler aber nicht der einzelne Arzt, sondern der ärztliche Leiter. Denn er ist der disziplinarisch Verantwortliche (Az. S 38 KA 165/19).

Doch der Job ist nicht nur haftungsträchtig – vielfach werden Ärztinnen und Ärzte, die die Leitung eines MVZ innehaben, für diese Extraarbeit auch nur unzureichend vergütet. Entsprechend schwierig ist es mitunter, den Posten zu besetzen.

MVZ muss Vakanzen vermeiden

Dennoch sind Vakanzen unbedingt zu vermeiden, wie ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts (LSG) für das Land NRW belegt (Az. L 11 KA 49/17). Im konkreten Fall ging es um ein MVZ in Köln, das aufgrund von Personalproblemen zwei Quartale ohne ärztliche Leitung auskommen musste. Deshalb ließen die Verantwortlichen die Abrechnungs-Sammelerklärungen für diesen Zeitraum vom Geschäftsführer der Träger-GmbH unterschreiben.

Die KV erkannte das nicht an und forderte die Honorare für den fraglichen Zeitraum vollständig zurück: satte 150.000 Euro! Das Argument: Die Abrechnung setze zwingend eine Unterzeichnung der Abrechnungs-Sammelerklärung durch den ärztlichen Leiter voraus.

Wenig überraschend wollte das MVZ das nicht hinnehmen. Doch die Klage gegen die Honorarkürzung auf null hatte in zwei Instanzen keinen Erfolg. Sowohl das Sozialgericht Düsseldorf als auch das LSG entschieden zugunsten der KV. Damit steht fest, dass das MVZ die Honorare für die beiden Quartale vollständig zurückzahlen muss.

Strenge Gesetzeslage

Um diese Sanktion zu rechtfertigen, genügt es nach Auffassung der Richter, dass die Sammelerklärungen nicht vom ärztlichen Leiter beziehungsweise von der ärztlichen Leiterin des MVZ unterschrieben worden sind, wie dies vom Gesetz gefordert wird. Die Unterschrift des Geschäftsführers genüge nicht, da dieser selbst weder angestellter Arzt des MVZ noch Vertragsarzt ist. Der Verstoß gegen geltendes Recht sei zudem grob fahrlässig gewesen, da er trotz des ausdrücklichen Hinweises im Vordruck [„Unterschrift des Vertragsarztes (…) für ein Medizinisches Versorgungszentrum der ärztliche Leiter (…)“] erfolgt sei.

Dass das MVZ trotz ordnungsgemäß erbrachter Leistungen das gesamte Honorar zurückzahlen müsse, bedeute auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in die Berufsfreiheit, da das MVZ bei vorübergehender Abwesenheit eines ärztlichen Leiters die Möglichkeit hätte nutzen können, die Abrechnung verspätet einzureichen. Die wäre zwar mit Honorarabschlägen, nicht aber mit einem Totalverlust einhergegangen. Von dieser Möglichkeit aber habe das MVZ keinen Gebrauch gemacht.

Klare Jobbeschreibung
Die ärztliche Leitung eines MVZ beinhaltet vielfältige Aufgaben
Ärztliche Leiter nehmen neben der medizinischen Leitungsfunktion im MVZ auch organisatorische Zusatzaufgaben wahr. Und sie tragen erhebliche Haftungsrisiken — oft ohne adäquate Entlohnung. Das macht die Tätigkeit für im MVZ angestellte Ärzte häufig unattraktiv. Um das zu ändern, könnten MVZ in diesen Fällen eine höhere Vergütung gewähren und sich zum Beispiel am regionaltarifvertraglichen Gehaltsunterschied zwischen einem Assistenzarzt und einem Oberarzt orientieren. Auch sollten Aufgaben und Pflichten des ärztlichen Leiters klar definiert sein.