Ärztliche Vergütung: Kittel gegen Kohle
A&W RedaktionAngehörige der Heilberufe erbringen qua definitionem eine Dienstleistung höherer Art. Allerdings können angestellte Ärzte nicht nur für den Dienst am Patienten Geld verlangen.
Ob weiß auf Station oder grün im OP: Angestellte Ärzte in Klinik, Praxis und MVZ tragen in der Regel einheitliche, vom Arbeitgeber vorgeschriebene Dienstkleidung. Der rechtliche Umgang mit Kittel und Kasack hat in den vergangenen Jahren aber immer wieder die Arbeitsgerichte beschäftigt. Diskutiert wurde vor allem die Frage, ob es rechtens ist, dass Angestellte ihre Arbeitsuniform bereits zu Hause anziehen, weil sie damit auch außerhalb der Arbeitszeit als Angehörige einer bestimmten Einrichtung, Praxis oder Klinik zu identifizieren sind. Die Antwort hat allerdings auch finanzielle Auswirkungen.
Klare Ansage aus Erfurt
Inzwischen hat das Bundesarbeitsgericht Fakten geschaffen. Die Erfurter Richter qualifizierten es als eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten, wenn diese gezwungen werden, ihren Arbeitsweg in einer auffälligen Dienstkleidung zurückzulegen und befanden: Wenn der Chef das Tragen bestimmter Dienstkleidung anordet, muss er der Belegschaft auch Umkleidemöglichkeiten im Betrieb zur Verfügung stellen (Az.: 1 ABR 45/10). Das bedeutet auch, dass er den Klamottenwechsel vergüten muss.
Der Grund: Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter für alle Tätigkeiten bezahlen, die mit der eigentlichen Arbeitsleistung unmittelbar zusammenhängen und ausschließlich den Interessen des Arbeitgebers dienst. Bei einer auffälligen Dienstkleidung ist das der Fall, auch wenn sie auf dem Arbeitsweg getragen werden darf. Schließlich haben Beschäftigte in der Regel kein Interesse daran, öffentlich zu offenbaren, wo sie ihr Geld verdienen (Az. 5 AZR 954/12).
Weiß, weiß, weiß sind alle meine Kleider….
Auffällige Dienstkleidung bedeutet übrigens keineswegs, dass der Angestellte in einer Art Harlekin-Kostüm oder als Ronald McDonald zur Arbeit erscheinen muss. Es genügt bereits die mögliche Zuordnung zu einem bestimmten Berufszweig oder einer bestimmten Berufsbranche, um dieses Merkmal zu bejahen. (BAG, Az. 5 AZR 382/16). Folglich kann selbst die schlicht gehaltene weiße Dienstkleidung eines Krankenhausmitarbeiters ausreichen, um das Kriterium der auffälligen Dienstkleidung zu erfüllen.
Konsequenterweise gestehen die Erfurter Richter Arbeitnehmern auch eine Vergütung für die Zeit zu, die sie brauchen, um die vorgeschriebene Arbeitskleidung abzuholen (Az.: 5 AZR 954/12). Ebenfalls bezahlt wird die Wegezeit vom Umkleideraum zum Arbeitsplatz (Az.: 5 AZR 678/11). Allerdings können Arbeitgeber die Vergütungspflicht für Umkleide- und Wegezeiten vertraglich ausschließen (BAG, Az. 5 AZR 168/16). Sie müssen dann allerdings alle Mitarbeiter gleich behandeln und dürfen nicht bestimmt Berufsgruppen benachteiligen.