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Geldanlagen

Freud und Leid liegen beim Thema Erben naturgemäß nahe beieinander: Es wird um einen Verstorbenen getrauert, aber gleichzeitig kann ein üppiger Nachlass winken. Je höher das Erbe ist, desto schlimmer kann einen die Steuer treffen. Und je überraschender man begünstigt wurde, desto schwieriger ist es oft, sich fristgerecht einen Überblick zu verschaffen, ob der Nachlass am Ende ein „Haufen Geld“ oder ein „Schuldenberg“ ist. Kein Wunder, dass sowohl Erblasser als auch Begünstigte oft den Rat von Experten suchen. Das sind die Antworten auf die zehn ihnen meistgestellten Fragen:

1. Wie vermeide ich Streit unter den Erben? 

Je unklarer die Situation ist, desto wahrscheinlicher entsteht ein Konflikt unter den Erben. Deswegen sollte das Thema rechtzeitig angesprochen werden. „Ich empfehle ein generationsübergreifendes Gespräch zum Thema Nachlassplanung der Erblasser mit den Kindern oder Erben. Falls das hilfreich ist, auch zusammen mit einer neutralen dritten Person, wie einem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Vermögensverwalter“, rät Stephanie Schimmer, Portfoliomanagerin am Standort Starnberg bei der TOP Vermögen AG.

2. Kann man Geschwister oder Kinder testamentarisch von der Erbberechtigung ausschließen und erben Stiefkinder automatisch durch die gesetzliche Erbfolge?

Wenn es eigene Kinder und damit Erben erster Ordnung gibt, gehen nachrangige Verwandte wie etwa Geschwister, immer leer aus. Noch klarer ist die Sache bei Stiefkindern. Sie sind kein Teil der gesetzlichen Erbfolge, obwohl für sie die gleichen Freibeträge wie für leibliche Abkommen gelten. Will ein Erblasser sie bedenken oder jemanden bewusst aus der gesetzlichen Erbfolge ausschließen, braucht es ein Testament. Hier können bestimmte Personen entweder namentlich oder indirekt durch die Benennung anderer Erben ausgeschlossen werden. Allerdings sollten dabei die Pflichtteilsansprüche beachtet werden. „Gar nicht so selten passiert eine Enterbung aber eher unabsichtlich“, erklärt Stefan Skulesch, Rechtsanwalt, Notar, Steuerberater und Partner in der Kanzlei SKW Schwarz aus Frankfurt am Main, „denn wird zum Beispiel der Ehepartner als Erbe eingesetzt und die Kinder erst als Schlusserben, bedeutet dies automatisch, dass die Kinder im ersten Erbgang enterbt werden.“ Das kann schnell zu unerwünschten Folgen führen, wenn zum Beispiel Freibeträge dann nur einmal genutzt werden können – einer der vielen Gründe, warum eine professionelle Beratung für Erbregelungen in Anspruch genommen werden sollte.

3. Was ist bei der Formulierung meines Testaments für Familie und Freunde zu beachten und reicht es aus, im häuslichen Bereich ein eigens verfasstes Testament zu hinterlegen?

Ein Testament kann grundsätzlich auch zu Hause aufbewahrt werden. Wer sicherstellen will, dass es im Erbfall auch wirklich gefunden und die letztdatierte Version angewandt wird, sollte es aber gegen eine geringe Gebühr beim Nachlassgericht hinterlegen. Grundsätzlich kann ein letzter Wille selbst aufgesetzt werden, aber um gültig zu sein, muss er komplett eigenhändig handschriftlich verfasst werden. So ein Testament sollte möglichst lesbar sein sowie Datum, Ort und der volle Name des Erblassers sowie dessen Unterschrift vorhanden sein. Notariell beglaubigt muss ein Testament nicht zwingend werden, was aber je nach persönlicher Situation sinnvoll sein kann und im Erbfall meist die Beantragung eines Erbscheins erspart. „Außerdem sollte es klar formuliert sein, um falsche Interpretationen zu vermeiden“, sagt Vermögensverwalterin Stephanie Schimmer. Sie rät, sich vorher entsprechend beraten zu lassen, um nicht unwissentlich auf Freibeträge der Erben zu verzichten. Zum Beispiel führt das häufig genutzte „Berliner Testament“, bei dem der verbleibende Ehepartner zunächst vor den Kindern erbt, dazu, dass die Freibeträge der Nachkommen im ersten Erbgang quasi verloren gehen.

4. Ist immer ein Erbschein erforderlich und wie wird der beantragt?

„Wenn es kein notarielles Testament gibt, ist üblicherweise ein Erbschein erforderlich, um zum Beispiel Immobilienbesitz im Grundbuch auf die Erben umschreiben zu lassen oder Banken gegenüber die Erbberechtigung nachzuweisen“, erklärt Stefan Skulesch. Beantragt wird so etwas beim Nachlassgericht oder über einen Notar, indem zum Beispiel über Stammbücher die gesetzliche Erbfolge oder ein handschriftliches Testament eine abweichende Erbsituation nachgewiesen wird. Die Erteilung kann dann je nach Auslastung der Nachlassgerichte einige Monate bis Jahre dauern. Deswegen macht es Sinn, etwa durch Vollmachten über den Tod hinaus für diese Übergangszeit die Handlungsfähigkeit der Erben sicherzustellen.

5. Ist eine Schenkung zu Lebzeiten nicht generell vernünftiger als Streit und Zorn im Erbfall und wie läuft das technisch am besten ab?

Grundsätzlich kann eine vorweggenommene Erbfolge zu Lebzeiten helfen, Streit zu vermeiden. Gerade wenn Vermögen vorhanden ist, dass über der 400.000-Euro-Freibetragsgrenze für Kinder liegt, kann das Steuern sparen. Denn diese Freibeträge können nach zehn Jahren erneut genutzt werden. Aber auch bei Schenkungen zu Lebzeiten sollte man sich vorher genau informieren, wie das rechtlich sauber und ohne Benachteiligung von Anspruchsberechtigten gestaltet wird. „Eine fachkundige Beratung kann helfen, kostenintensive Fehler, nicht revidierbare Konstellationen und Streit zu vermeiden“, sagt Vermögensexpertin Stephanie Schimmer von der TOP Vermögen AG.

6. Gibt es bei der Erbschaftssteuer eine Anzeigepflicht, dass ein Erbfall stattgefunden hat und wie läuft die Wertermittlung ab, etwa bei vorhandenem Grundeigentum.

Grundsätzlich muss das Finanzamt innerhalb von drei Monaten über Schenkungen oder einen Erbfall informiert werden, soweit kein Testament vorliegt, welches von Amts wegen eröffnet wird. „Außerdem gibt es eine Meldepflicht für Banken und Vermögensverwalter, wenn zum Beispiel ein Wertpapierdepot des Erblassers betroffen ist“, weiß SKW Schwarz-Fachmann Stefan Skulesch. In der Regel wird man relativ zügig aufgefordert, eine Erbschaftssteuererklärung abzugeben. Jedoch sind die Finanzämter hier sehr kulant, wenn es um Fristverlängerungen geht. Gerade bei Immobilien ist es dann nicht so einfach, den Wert für die Steuererklärung zu ermitteln. Hier empfiehlt der Experte, einen Gutachter hinzuziehen, um sich langwierige Diskussionen mit den Finanzbehörden zu ersparen.

7. Wie vererbe ich mein Vermögen an nicht mit mir verwandte Personen und gibt es da Möglichkeiten, die Freibeträge zu erweitern?

Sollen Personen außerhalb der engsten Familie bedacht werden, gilt eine relativ geringe Freibetragsgrenze von 20.000 Euro. Deswegen ist es hier nicht nur besonders wichtig, ein wirksames Testament zu errichten, sondern auch frühzeitig über Schenkungen nachzudenken, um die sich alle 10 Jahre erneuernden Freibeträge zu nutzen. Zusätzlich gibt es spezielle Vorsorgekonstruktionen, wie etwa eine Sofortrente mit Begünstigung für den Todesfall oder ein Nießbrauchdepot, mit denen die Grenzen erweitert werden können. „Hier ist es aber unabdingbar, sich mit einem Spezialisten und seinem Steuerberater zusammenzusetzen“, rät Fachfrau Stephanie Schimmer.

8. Welcher Zeitpunkt ist ausschlaggebend für die 6-Wochen-Frist zur Ausschlagung eines Erbes und wann macht das Sinn?

Grundsätzlich läuft die sechswöchige Frist, ab der ein Erbe ausgeschlagen werden kann, sobald man von seiner Erbschaft erfährt. Bei nicht getrenntlebenden Ehepartnern oder Kindern, wird das in der Regel der Todestag sein. Bei nicht so offensichtlichen Fällen, etwa weiter entfernten Verwandten, läuft die Frist spätestens mit dem Zugang des Informationsschreibens des Nachlassgerichts. „Eine Erbschaft sollte dann ausgeschlagen werden, wenn Sicherheit darüber herrscht, dass der Nachlass fast ausschließlich aus hohen Verbindlichkeiten besteht“, rät Stefan Skulesch. Lässt sich das in dieser Zeit nicht sicher klären, kann bei einer später festgestellten Überschuldung auch noch danach ein Insolvenzverfahren für den Nachlass beantragt werden. „Das ist zwar nicht ganz unaufwändig, aber die Erben haften dann nicht mit ihrem eigenen Vermögen“, erklärt Experte Skulesch.

9. Wie optimiere ich generell den Aufwand für die Erbschaftssteuer, um zum Beispiel bei einem Immobilienvermögen einen Verkauf abzuwenden, wenn die Freibeträge nicht ausreichen?

„Gerade bei größeren Vermögen gibt es diverse Gestaltungsmöglichkeiten von der Einbringung in eine Familiengesellschaft oder Familienstiftung bis zur Kettenschenkung, bei der etwa ein Ehemann Vermögen an seine Ehefrau schenkt, die es dann weiter an Kinder überträgt“, erklärt Stephanie Schimmer. Auch die Weiternutzung einer Immobilie als Familienheim im Erbfall für zehn Jahre durch die Kinder kann helfen, Erbschaftssteuern zu verringern oder bei Wohnflächen bis 200 Quadratmetern ganz zu vermeiden.

10. Wann ist ein Testamentsvollstrecker mit im Spiel, welche Aufgaben bzw. Pflichten hat er und was kostet so etwas?

So etwas gibt es nur, wenn im letzten Willen ein Testamentsvollstrecker bestimmt wird. „Das macht in Fällen Sinn, in denen der Erblasser Konflikte vermeiden möchte, weil es zum Beispiel eine heterogene Erbengemeinschaft gibt und dadurch einvernehmliches Handeln schwierig werden könnte“, erklärt Notar Stefan Skulesch. In erster Linie sichert ein Testamentsvollstrecker den Nachlass und erstellt ein Verzeichnis der vorhandenen Werte. Die weiteren Aufgaben hängen von den Vorgaben des Erblassers ab. Das kann von einer Verteilung des Erbes durch den Verkauf aller Werte bis zu einer langfristigen Verwaltungsvollstreckung etwa bei Minderjährigen bis zum Abschluss einer Ausbildung gehen. Für diese Arbeit, die auch eine Haftung gegenüber den Erben einschließt, sollte eine angemessene Vergütung vorgesehen sein. Bei einer einmaligen Zahlung an einen professionellen Testamentsvollstrecker liegt das im Bereich von zwei bis vier Prozent des Nachlasswerts.

Übersicht der Freibeträge und Steuersätze bei Erbschaften

Bei Erbschaften ist der Verwandtschaftsgrad entscheidend, wenn es um die darauf zu entrichtenden Steuern geht. Ob zum Beispiel ein Kind oder ein nicht verwandter Freund eine Million Euro erbt, macht einen enormen Unterschied. Denn einerseits ist der Freibetrag mit 400.000 Euro bei den Nachkommen erheblich höher als der für jedermann, denn der liegt nur bei 20.000 Euro. Gleichzeitig ist der Steuersatz für den darüber liegenden Betrag ein anderer: Kinder müssen bei diesem Beispiel 15 Prozent abführen, Bedachte außerhalb der Familie 30 Prozent. Das heißt, ein Freund würde rund 294.000 Euro Steuern zahlen, ein Kind nur knapp 70.000 Euro. Zusätzlich sind in dieser Übersicht noch andere Vergünstigungen von Versorgungsfreibeträgen bis zur steuerfreien Weiternutzung eines Familienheims nicht berücksichtigt, die unter bestimmten Bedingungen in der engeren Verwandtschaft angewandt werden können und nochmal die Steuerlast reduzieren können.

Autor: Florian Junker