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Geldanlagen

„Auch wenn es erste Erfolgsmeldungen bezüglich eines Impfstoffes gibt, vorerst ist die konjunkturelle Entwicklung noch von der Corona-Pandemie beeinflusst“, sagt Jürgen Grüneklee von GSAM + Spee Asset Management AG. „Deshalb ist jeder Ausblick auf das kommende Jahr mit viel Unsicherheit behaftet.“ Das zeigt sich auch aktuell. Viele Volkswirte waren nach dem ersten Lockdown davon ausgegangen, dass sich die Wirtschaft im vierten Quartal erholt.

Diese Hoffnung haben die zuletzt steigenden Infektionszahlen und die erneuten Lockdowns in Europa aber zunichte gemacht. „Zumindest bis zum Frühjahr 2021“, sagt Thomas Hachmeister, Spiekermann & CO AG, „werden wir deshalb ein schwieriges Umfeld haben. Erst danach rechne ich mit einem kräftigen Aufschwung.“ Damit wird die globale Wirtschaft vermutlich erst 2022 ihr altes Niveau erreichen.

Aktienindizes erreichen neue Höchststände

Deutlich schneller ging es an den Aktienmärkten. So hatten die meisten Aktienindizes bis Anfang Juni den größten Teil ihrer Verluste wieder aufgeholt, einige kletterten zwischenzeitlich gar auf neue Höchststände. Dass sich die Börsen damit von der Realität abgekoppelt haben, glaubt Grüneklee aber nicht. „Denn dort geht es um Erwartungen und die waren nach dem drastischen Konjunktureinbruch im Frühjahr auf die wirtschaftliche Erholung gerichtet.“ Zudem hat die rasche und entschiedene Reaktion der Fiskal- und Geldpolitik für das Comeback der Aktienmärkte eine wichtige Rolle gespielt.

„Insbesondere die Notenbanken mit ihrer beispiellosen Flut an Liquidität haben maßgeblich dazu beigetragen“, so Grüneklee. Außerdem haben die führenden Notenbanken angekündigt, dass die Zinsen bis mindestens 2023 niedrig bleiben. Und dieses geldpolitische Umfeld ist für Anleger mit Blick auf 2021 entscheidend. „Dadurch bedingt werfen festverzinsliche Wertpapiere kaum noch Rendite ab und deshalb brauchen Anleger, um noch Erträge zu erwirtschaften, Anlagen wie Aktien“, sagt er.

Anleger entdecken Vorliebe für Aktien

Tatsächlich haben bereits viele Bundesbürger in der Corona-Pandemie ihre Liebe zur Aktie entdeckt. Laut einer Studie der Aktion ‚Pro Aktie‘ ist der Anteil an Aktienbesitzern im ersten Halbjahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozentpunkte gestiegen. Allerdings sollten sie bei ihren Investments genau hinschauen.

Zwar machen die extrem niedrigen Zinsen Aktien besonders attraktiv. „Schließlich werden künftige Gewinne mit dem geltenden Zinssatz abdiskontiert“, erklärt Grüneklee. „Wenn der Zinssatz aber Null ist, sind künftige Gewinne heute mehr wert als bei einem höheren Zinsniveau.“ Und damit können höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse bei Aktien gerechtfertigt sein. Doch gilt das nur, wenn eine Firma so aufgestellt ist, dass sie die Chance hat, nachhaltig steigende Gewinne zu erzielen.

Technik ist Trumpf

Die Börse jedenfalls scheint genau zu differenzieren. Insbesondere der Technologieindex Nasdaq ist seit dem ersten Lockdown stärker gelaufen als viele andere Märkte. „Wir empfehlen zwar grundsätzlich einen globalen Ansatz und eine breite Streuung im Aktienbereich, aber Trends wie die Digitalisierung oder Nachhaltigkeit dürften sich fortsetzen“, sagt Hachmeister. Deshalb könne es sich auszahlen, in diesen Bereichen Schwerpunkte zu setzen.

Eine Region, die Anleger ebenfalls stärker ins Auge fassen sollten, ist laut Hachmeister Asien. „Dort sehen wir, auch weil diese Region die Corona-Pandemie am schnellsten hinter sich gelassen hat, das stärkste Wachstum, während asiatische Aktien zugleich in vielen Portfolios untergewichtet sind“, sagt er.

Für ratsam hält er es auch, etwas Liquidität zu halten. „Angesichts der nach wie vor recht hohen Kursschwankungen, ergeben sich immer wieder interessant Einstiegschancen“, sagt Hachmeister. Deshalb könne es sich auszahlen, antizyklisch in Phasen steigender Kurse auch mal ein paar Gewinne mitzunehmen und dann, wenn die Kurse fallen, nachzukaufen. Denn kurzfristige Rückschläge werden auch 2021 wieder auftauchen.

Trotz Niedrigzins gehören Anleihen ins Depot

Die extrem niedrigen Zinsen sind nach der Corona-Pandemie wohl über Jahre zementiert. Dennoch sollten Anleger festverzinsliche Wertpapier nicht ganz ignorieren. Sie bieten zwar keine nennenswerten Erträge mehr, aber sie können ein Portfolio diversifizieren und so die Schwankungen reduzieren. Das trifft natürlich am ehesten auf Staatsanleihen hoher Bonität zu, da sie in Krisen als sicherer Hafen dienen und deren Kurse bei Markteinbrüchen tendenziell steigen.

Dabei sind Bonds aus den Schwellenländern ebenso eine Alternative wie eigenkapitalähnliche nachrangige Unternehmensanleihen, so genannte Hybridbonds, die beide noch einen attraktiven Zinsaufschlag bieten.

Vermögensverwalter empfehlen aktiv gemanagte Rentenfonds, die flexibel in alle Arten von Anleihen investieren können. Manche Fondsmanager sind hier schon in der Lage, Gelegenheiten bei den verschiedenen Anleihearten weltweit auszunutzen. Damit können Anleger zumindest noch die Inflationsrate erwirtschaften, vielleicht sogar noch etwas mehr.