200 Mrd. Dollar: Digitaler Gesundheitsmarkt wächst rasant
Marzena SickingBis 2020 wird der digitale Gesundheitsmarkt auf über 200 Milliarden Dollar wachsen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Roland-Berger-Studie. Entsprechend viele Start-ups drängen auf den Markt und versuchen, sich ein Stück von dem lukrativen Markt zu sichern.
Die digitale Transformation des Gesundheitsmarktes nimmt immer stärker an Fahrt auf. So rechnen die Experten von Roland Berger damit, dass sich das weltweite Marktvolumen von knapp 80 Milliarden Dollar im Jahr 2015 auf über 200 Milliarden Dollar bis 2020 mehr als verdoppeln wird – das wäre ein durchschnittliches Wachstum von jährlich 21 Prozent. Entsprechend viele junge Start-ups drängen mit neuen Geschäftsmodellen in den Markt und versuchen, sich ein Stück vom lukrativen Kuchen zu sichern.
Digitalisierung des Gesundheitsmarktes
“Die Digitalisierung erweitert den Gesundheitsmarkt um zusätzliche Marktsegmente”, erklärt Roland Berger-Partner Morris Hosseini. Von der P4-Medizin, die für eine prädiktive, präventive, personalisierte und partizipative Behandlung steht, könnten unter anderem die Krebsfrüherkennung sowie immunologische Indikationen profitieren. “Die P4-Medizin erschließt neue Geschäftsmöglichkeiten und wirkt, bevor eine Therapie von Krankheiten überhaupt notwendig wird”, erklärt Hosseini.
Vor allem das Segment für mobile Dienste, wie zum Beispiel Apps für Smartphones,, mit einem jährlichen Wachstum von mehr als 40 Prozent, treibt die Digitalisierung der Branche voran. So bieten Start-ups die Möglichkeit, anhand gesundheitsrelevanter Rahmendaten bestimmte Krankheiten festzustellen. Dabei erfasst das Smartphone als täglicher Begleiter Werte, wie zum Beispiel den Blutdruck, die Körpertemperatur, Schlafgewohnheiten, usw. Auf dieser Basis soll die App Erstdiagnosen erstellen können und seinem Besitzer bei Bedarf einen Arztbesuch oder direkt die passende Medikation empfehlen. So könnte zum Beispiel eine Schilddrüsenüberfunktion frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden, versprechen jedenfalls die Hersteller. Die digitale Auswertung von Gesundheitsdaten soll auch zu einer individuellen Medikation des Patienten führen, ohne dass dafür Ärzte oder Apotheker konsultiert werden müssen, so die Vision mancher Hersteller. Unter Ärzten wird diese Entwicklung allerdings sehr kritisch gesehen, zumal noch nicht alle Haftungsfragen geklärt sind.
Digitalisierung betrifft die gesamte Wertschöpfungskette
Doch ob sie wollen oder nicht: Alle Unternehmen, aber auch Ärzte, Apotheker, Patienten und Regierungen, sind vom digitalen Wandel im Gesundheitsmarkt betroffen. “Neue Geschäftsmodelle sind entlang der gesamten Wertschöpfungskette denkbar”, erklärt Roland Berger-Partner Thilo Kaltenbach. “Patienten können sich schon heute weltweit Ärztemeinungen über das Internet einholen. Mit zusätzlichen Daten sind komplette Onlinediagnosen mit neuen Bezahlmodellen denkbar.” Apotheker werden mithilfe eines 3D-Druckers Medikamente mit personalisierter Dosierung herstellen. Ebenso sollten sich Versicherungskonzerne und Regierungen auf die neuen digitalen Rahmenbedingungen einstellen.
“Elektronische Patientenakten ermöglichen eine schnellere und effizientere Krankenbehandlung und können in den kommenden fünf Jahren die Kosten für die Gesundheitssysteme weltweit um 80 Milliarden Dollar senken”, sagt Thilo Kaltenbach. “Gleichzeitig werden durch die Digitalisierung von Daten und Diensten die nationalen Grenzen fallen, in denen sich Gesundheitssysteme heute bewegen. Versicherungen sollten daher zukünftig ihr Angebot internationaler ausrichten und Regierungen nationale regulatorische Rahmenbedingungen harmonisieren.”
Chancen der Digitalisierung identifizieren und umsetzen
Neben der Digitalisierung der Wertschöpfungskette stellt die Konkurrenz von neuen Marktteilnehmern die größte Herausforderung für etablierte Anbieter im Gesundheitsbereich dar. Unterstützt durch die neuen Technologien erhalten branchenfremde Akteure heute Zugang zu Fachwissen, das bis dato nur die Branche selbst hatte.
So werden neben Startups auch große Technologiekonzerne zu Mitbewerbern. Darauf sollten sich Firmen im Gesundheitswesen schnell vorbereiten, warnt Thilo Kaltenbach: “Traditionelle Unternehmen sollten sich kulturell und strukturell für Innovationen öffnen und die Digitalisierung jetzt aktiv vorantreiben, um gegenüber neuen Anbietern nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dazu sollten sie eine individuelle digitale Strategie formulieren und diese mit geeigneten Maßnahmen konsequent umsetzen.”