Fünf Wege zur Geldanlage: Wie aussichtsreich ist „Do it yourself?“
A&W RedaktionViele Sparer planen aus unterschiedlichen Gründen in Wertpapieren anzulegen. Sie stehen vor der Frage: Wie gehen sie ihre Geldanlage bei überschaubarem Risiko so an, dass sie einen höheren Ertrag erzielen können? Machen Sie es selbst oder sollen sie das einem Investment-Profi anvertrauen? Unsere Serie beschreibt fünf verschiedene Wege zum Investieren und wägt die Vor- und Nachteile ab. In diesem zweiten Teil: „Wie Erfolg versprechend ist es, die Geldanlage komplett in die eigene Hand zu nehmen?“
Viele angehende Anleger halten es für die günstigste Variante, sich selbst um die Geldanlage zu kümmern. Schließlich werden in diesem Fall keine (oft überhöhten) Provisionen bei Banken fällig. Auch für Robo-Advisors bzw. für unabhängige Vermögensverwalter fallen dann keinerlei Gebühren an. Rein aus Kostensicht betrachtet, ist „Do-it-yourself“ (DIY) also die günstigste Variante. Das müsse aber nicht bedeuten, dass es die optimale Variante für alle Lebenslagen sei, so Professor Hartwig Webersinke, Dekan für Wirtschaft und Recht an der TH Aschaffenburg.
Bei einem ETF-Sparplan ist DIY kein Problem
„Junge Leute, die gerade mit dem Investieren beginnen, können sich um ihre Geldanlage selbst kümmern. Dies vor allem, wenn sie nur ein oder zwei globale ETF besparen“, sagt Webersinke, der auch Leiter des dortigen Instituts für Vermögensverwaltung ist. Im Alter zwischen 20 und 35 Jahren legen in der Tat viele den Grundstein für ihr späteres Vermögen und nutzen dazu vorrangig ETFs auf globale Indizes wie MSCI World oder FSTE All World. Der Wissenschaftler rät, einen günstigen ETF mit viel Volumen und physischer Replikation zu wählen und auf niedrige bzw. entfallende Kosten für die Depotführung zu achten. „So lässt sich rentabel über die Jahre ein kleines bis mittleres Vermögen ansparen“, so Webersinke (siehe ETF-Tabelle).
Wachsendes Vermögen erfordert anderen Ansatz
Wenn aber mit wachsendem Vermögen und neuen Lebenslagen die Ansprüche an die eigenen Investments größer werden, sieht die Sache anders aus. „Dann wird es für Börsenneulinge schwierig, im Auf und Ab der Finanzmärkte den Überblick zu behalten – auch wenn manche Beiträge im Internet suggerieren, dass dies ohne große Mühen möglich sei“, sagt Stefan Eberhardt von e/r/w Vermögensmanagement mit Standorten in Stuttgart und Villingen-Schwenningen. Wer sich selbst um die Geldanlage kümmert, muss sich in der Tat stets auf dem Laufenden halten. Und: „Bei Zweifeln, was am besten zu tun ist, steht kein kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung“, gibt der unabhängige Vermögensverwalter zu bedenken.
Darüber hinaus müssen angehende Anleger weitere wichtige Fragen klären, um mit ihren Investments überhaupt erfolgreich sein zu können. Dazu gehören:
- Anlageziele klären: „Bevor der erste Euro investiert wird, gilt es für DIY-Anleger, selbstständig die eigenen Ziele zu klären“, sagt Webersinke. „Welchem Zweck dient die Geldanlage: der eigenen Altersvorsorge, der Vermögensbildung für die Kinder oder einer attraktiven Zusatzrente?“, so der Wissenschaftler. Anleger könnten auch mehrere Ziele gleichzeitig verfolgen, die entsprechend gewichtet werden sollten. Denn: „Je nach Ziel sind manche Anlageklassen sinnvoll(er), andere eignen sich weniger.“
- Finanzplanung machen: Danach müssen die Anleger in spe nach den Worten von Stefan Eberhardt in einer weitsichtigen Finanzplanung klären, welchen Teil des Vermögens sie dauerhaft, eventuell über Sparpläne, an den Wertpapiermärkten investieren können – „sprich ohne aus Geldnot darauf zugreifen zu müssen“, so der Vermögensverwalter. Zudem sei zu entscheiden, ob Sie das aktuelle Vermögen in einem oder in mehreren Schritten anlegen.
- Portfoliostruktur finden: Im dritten Schritt gilt es, eine Portfoliostruktur zu finden, die die Anleger ihren Zielen sehr wahrscheinlich näherbringt und zum jeweiligen Risikoprofil passt. „Dabei gilt es zu entscheiden, welche Anteile des Vermögens in Aktien, Anleihen, Edelmetalle, Immobilienfonds etc. fließen und welche Regionen geeignet erscheinen“, erklärt Hartwig Webersinke. Zudem müssten sie festlegen, ob sie auf Einzeltitel, aktiv verwaltete Fonds, ETFs oder Zertifikate setzen und entsprechende Produkte auswählen.
- Portfolio begleiten: Die Börsengeschichte zeigt, dass manche Anlageklassen wie Aktien langfristig höhere Renditen aufweisen, zeitweise aber stark nachgeben. „Dadurch verändern sich langfristig die Verhältnisse der Anlageklassen und damit das Portfolio. Diesen Effekt sollten Anleger ausgleichen, indem sie das Depot immer wieder in die ursprüngliche Gewichtung bringen“, erläutert Vermögensprofi Stefan Eberhardt. Angepasst werden muss die Struktur des Portfolios aber auch, wenn sich die Lebensumstände der Anleger ändern – etwa weil ein Kind einen Beruf ergreift und somit mehr Geld zur Verfügung steht.
- „Worst Case“-Plan machen und befolgen: Herrscht an den Börsen raues Wetter oder gar Sturm, werden die meisten Anleger erfahrungsgemäß sehr nervös. Wer solche heftigen Abschwünge nicht ungebremst mitmachen will, braucht nicht nur einen systematischen Plan, wann einzelne Anlageklassen verkauft werden und wie der Einstieg bei einer Börsenerholung gelingen kann. Er muss diesem Plan auch strikt folgen! Wer sich indes entschieden hat, durch Krisen hindurch investiert zu bleiben, sollte dieser Entscheidung ebenfalls treu bleiben. „Sich im Aufschwung oder Abschwung auf das Bauchgefühl oder die Medien zu verlassen, schadet in aller Regel dem Vermögen“, sagt Vermögensverwalter Eberhardt (siehe Interview).
Autor: Jürgen Lutz