Finanzierung: „Kapital wird teuer“
A&W RedaktionAktien als Sachwerte können in einem Inflationsumfeld für realen Kapitalerhalt sorgen. Und eine Zusatzrendite bringen. Aber nur, wenn man bei der Titelauswahl genau hinschaut, meint Rainer Laborenz von der Azemos Vermögensmanagement GmbH.
Herr Laborenz, wie wirken sich die gestiegenen Zinsen auf Aktien aus?
Rainer Laborenz: Wir haben dadurch schwierigere Finanzierungsbedingungen. Kapital wird teurer und das ist vor allem für junge Wachstumsfirmen, die Kapital für die Weiterentwicklung brauchen, oder für stark verschuldete Unternehmen ein Problem.
Kamen Wachstumsaktien deshalb besonders unter Druck?
Laborenz: Zum Teil. Dazu kommt, dass bei der Bewertung von Unternehmen künftige Gewinne mit dem aktuellen Zinssatz auf ihren heutigen Wert abdiskontiert werden. Als die Zinsen niedrig waren, waren diese künftigen Erträge heute sehr viel wert. Jetzt ist der Zins höher und der aktuelle Wert sinkt. Damit kommen auch die Bewertungen dieser Firmen unter Druck.
Zugleich ist die Inflation hoch. Hier werden Aktien empfohlen…
Laborenz: Grundsätzlich sind Aktien Sachwerte und eignen sich damit für ein inflationäres Umfeld (die aktuelle Inflationsrate finden Sie hier). Allerdings weisen nur jene Unternehmen wirklich einen Inflationsschutz auf, die starke Marken und Preissetzungsmacht haben, da diese die gestiegenen Kosten in Form höherer Preise an ihre Kunden durchreichen können. Deshalb würde ich aktuell auch nicht unbedingt in einen Index investieren, sondern sehr genau hinsehen.
Worauf kommt es bei der Aktienauswahl in Zeiten der Inflation an?
Laborenz: Ich würde angesichts der strengeren Finanzierungsbedingungen hoch verschuldete Unternehmen meiden, auf gesunde Bilanzen achten und Firmen, die aufgrund von Wettbewerbsvorteilen sicher durch Krisen kommen, bevorzugen. Außerdem kann ein Blick auf die Dividendenhistorie hilfreich sein.
Warum?
Laborenz: Es gibt Unternehmen, vor allem in den USA, die über sehr lange Zeiträume ihre Ausschüttungen stetig gesteigert oder wenigstens stabil gehalten haben, unabhängig vom wirtschaftlichen Umfeld. Diese Dividendenaristokraten haben unter Beweis gestellt, dass sie auch in schwierigen Zeiten wachsen können. Hier geht also nicht um eine Momentbetrachtung der Dividendenrendite, sondern es geht um die Nachhaltigkeit der Ausschüttung.
Und gibt es bei den Regionen Favoriten?
Laborenz: Natürlich ist eine breite und globale Streuung sehr wichtig. Aktuell halten wir die US-Aktienmärkte für interessant, aber auch Europa und Japan. Bei deutschen Unternehmen würde ich derzeit genau hinsehen, vor allem bei energieintensiven Branchen. Aktien aus den Schwellenländern würde ich als vorsichtiger Anleger derzeit eher meiden.