Einkommen von Praxisinhabern knapp über Angestellten-Gehalt
Marzena SickingDas durchschnittliche Netto-Einkommen von niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen liegt nur knapp über den Tariflöhnen angestellter Mediziner. Das bestätigt ein aktueller Vergleich der Einkünfte.
Das wirtschaftliche Risiko, das Praxisinhaber tragen, wird zumindest in finanzieller Hinsicht nicht wirklich gewürdigt. So betrugen nach Erhebung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) die Gesamteinnahmen niedergelassener Ärzte und Ärztinnen im Jahr 2020 durchschnittliche 335.000 €.
Dem standen im Durchschnitt Praxiskosten in Höhe von 162.000 € gegenüber, von denen allein 90.000 € auf Gehälter des Praxispersonals entfielen. Es verblieb ein durchschnittlicher Jahresüberschuss von 172.000 € pro Praxisinhaber:in bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 45 Wochenstunden.
Die 172.000 € sind allerdings nicht der Gewinn, der tatsächlich in die Tasche des Praxisinhabers wandert. Vom Jahresüberschuss gehen noch Abzüge für Steuern, Altersvorsorge sowie Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von durchschnittlich 87.000 € ab.
Niedergelassene Ärzte verdienen durchschnittlich 86.000 €
Am Ende bleibt im Durchschnitt also ein tatsächliches Einkommen von 86.000 € – wenn alles glattläuft. Allerdings müssen die Praxisinhaber auch noch sämtliche wirtschaftliche Risiken aus dem Praxisbetrieb wie Lohnerhöhungen, steigende Energie- und/oder Betriebskosten tragen sowie Geld für notwendige Investitionen zurücklegen.
Der Anteil der Einnahmen aus der GKV beträgt pro Praxis durchschnittlich 78 %. Wie wichtig die 22 % privat Versicherter für eine Praxis sind, zeigt sich, wenn man sie bei der Berechnung weglässt. In Praxen mit reinen GKV-Einnahmen würde sich der durchschnittliche Jahresüberschuss schlagartig auf 137.000 € und das verfügbare Jahreseinkommen auf 61.000 € reduzieren. Oder auf einen Netto-Stundenlohn von 24 € pro.
Rechnet sich die eigene Praxis noch?
Vergleicht man das Einkommen der Praxisinhaber mit dem Tariflohn eines erfahrenen Oberarztes, bleibt nur ein geringes Plus von wenigen hundert Euro pro Jahr. Dafür müssen Niedergelassene aber die gesamte organisatorische, rechtliche und ökonomische Verantwortung für die Praxis übernehmen. „Würden die Praxen auf Einnahmen der privat Versicherten verzichten müssen, wäre eine vergleichbar qualifizierte angestellte Tätigkeit im Krankenhaus finanziell attraktiver als die Niederlassung”, so Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zi. “Unter den Bedingungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes* greifen weitere Einschnitte für die Niedergelassenen. Dies muss sich ändern. Wer ein widerstandsfähiges und leistungsfähiges Gesundheitswesen will, muss die selbständige Tätigkeit in den Praxen fördern“.
*Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wurde die finanzielle Förderung der Behandlung von Neupatienten in den Praxen gestrichen. Stattdessen sollen künftig Behandlungen gefördert werden, wenn die dafür notwendigen Termine durch Vermittlung der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder durch Vermittlung des Hausarztes schnell zustande kommen. Die Änderung soll kurzfristig einen Einsparbetrag von rund 400 Millionen Euro erzielen.