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Finanzen

Foto: V-Bank

Herr Stadler, die Dividendenzahlungen der DAX-Unternehmen sind in den vergangenen Jahren mit kurzen Unterbrechungen stetig gestiegen. Was können Anleger von der Dividendensaison 2024 erwarten?

Thilo Stadler: Wir gehen davon aus, dass auch 2024 ein respektables Dividendenjahr werden wird. Möglicherweise übersteigen die Ausschüttungen die Dividenden von 2023, bei denen erstmals mehr als 52 Milliarden Euro ausgeschüttet wurden.

Warum sind Dividenden so wichtig?

Stadler: Dividenden machen auf die lange Frist etwa die Hälfte des Gesamtertrags aus, der sich mit Aktien erzielen lässt. Dabei ist es im Grunde egal, ob sie ausgezahlt oder etwa in einem thesaurierenden Fonds bzw. ETF erneut angelegt werden. Im ersten Fall können Anleger die Ausschüttungen für ihren Lebensunterhalt verwenden. Im letzteren Fall greift für die einbehaltenen Dividenden das Zinseszins-Prinzip, sodass sich der Gesamtertrag über die Laufzeit der Aktienanlage erhöht.

Worauf sollten Anleger achten, die etwa als Rentner die Dividenden ausgezahlt bekommen?

Stadler: In Deutschland werden einmal im Jahr zwischen März und Mai Dividenden bezahlt. In anderen Ländern wie den USA geschieht dies quartalsweise. Wer Aktien bzw. Fonds aus verschiedenen Regionen mischt, kommt regelmäßiger in den Genuss von Ausschüttungen.

Ist es auch für Nicht-Ruheständler sinnvoll, auf dividendenstarke Aktien zu setzen?

Stadler: Natürlich, denn Unternehmen, die hohe oder stetig steigende Dividenden zahlen, sind begehrt und daher vor starken Kursschwankungen besser gefeit als andere Titel. Oft entwickelt sich ihr Aktienkurs über die lange Frist besser als der breite Markt.

Was ist der beste Weg, wenn man keine Ausschüttungen braucht, aber Dividenden-Champions kaufen will?

Stadler: In diesem Fall empfiehlt sich ein Fonds oder ETF, der auf solche Titel setzt. Allerdings sollte man die thesaurierende Variante wählen, da die Dividenden dann nicht ausgeschüttet, sondern sofort reinvestiert werden.

Was wird bei Dividenden-Investments gern übersehen?

Stadler: Wenn es heißt, dass man für 2024 eine Dividendenrendite von vier Prozent erwartet, bezieht sich diese Rendite auf das aktuelle Kursniveau der Aktien. Das ist so weit richtig, berücksichtigt aber nicht die persönliche Dividendenrendite, wie ich sie einmal nennen will.

Wie soll man sich das vorstellen?

Stadler: Wer 1998 eine Siemens-Aktie für gut 35 Euro gekauft hat und 2023 eine Dividende von 4,25 Euro kassierte, hat eine persönliche Dividendenrendite von rund zwölf Prozent. Ausschüttungen in dieser Höhe wird man bei den meisten Anleihen vergeblich suchen.

Dividenden haben in 20 Jahren deutlich zugelegt

Die Ausschüttungen der Unternehmen, die Mitglied im Deutschen Aktienindex (DAX) sind, haben in den vergangenen 20 Jahren deutlich zugelegt. Lagen die Dividenden der DAX-Konzerne im Jahr 2003 noch bei rund zehn Milliarden Euro, überschritten sie in den Jahren 2022 und 2023 die Marke von 50 Milliarden. Allerdings sind seit Ende 2021 nicht mehr 30, sondern 40 Unternehmen im DAX gelistet. Dadurch ist in den Dividendenzahlungen von 2022 und 2023 ein statistischer Effekt enthalten. Ohne diesen Effekt dürften die Ausschüttungen vermutlich bei knapp 40 Milliarden Euro liegen. Das wäre immerhin eine Vervierfachung! Auffällig ist: Die Dividenden wuchsen – nur kurz unterbrochen von der Finanzkrise (2008/09) und gedämpft durch die Corona-Phase – über die Jahre hinweg relativ kontinuierlich an. Für 2024 werden erneut sehr gute Ergebnisse bei den Ausschüttungen erwartet. Anleger haben in den vergangenen Jahren also nicht nur von Kurssteigerungen am Aktienmarkt profitiert, sondern auch von einer spürbaren Zunahme der Dividendenzahlungen.

Grafik Dividendenzunahme

Grafik: V-Bank; Quelle: Dividendenstudie 2023 (DSW, Dividenden Adel, FOM isf)

 

Autor: Jürgen Lutz