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Finanzen

Das Anlagejahr 2022 dürften kaum jemandem in guter Erinnerung bleiben: Aktien und Anleihen brachen wegen der massiven Zinserhöhungen ein und bescherten vielen Investoren ordentliche Verluste. Bei Privatanlegern dürfte das Minus noch höher ausgefallen sein als am breiten Markt. Der Grund: „Nicht-Profis lassen sich bei ihren Investments leichter von Emotionen mitreißen als erfahrene Vermögensexperten“, sagt Anton Vetter von der BV&P Vermögen AG in Kempten. Dadurch geraten Käufer von ETFs und aktiv verwalteten Fonds immer wieder in fünf teure Geld-Fallen, die meist psychologisch bedingt sind. Wer diese Fallen zu umgehen weiß, ist auf einem guten Weg, denn: „Erfolgreich bei der Geldanlage zu sein bedeutet nicht, alles perfekt zu machen. Es heißt vor allem, bestimmte schwere Fehler nicht zu begehen“, so Vermögensverwalter Vetter.

Fehler 1: Mit großem Ego den Markt schlagen wollen

Einer der Klassiker, um als Privatanleger schlechter abzuschneiden als der breite Markt, ist ironischerweise der Versuch, eben diesen Markt zu schlagen. Hier gilt der Grundsatz: „Je tiefer man überzeugt ist, dies ohne langjährige Erfahrung zu schaffen, desto gefährlicher wird es für Geld und Gesundheit“, sagt Christian Steiner von der Bayerische Vermögen Management AG in Kempten. Meist verwandelt ein großes Anleger-Ego zunächst überschaubare Verluste, die sich mit geringen Schmerzen hätten begrenzen lassen, in große oder gar gigantische Verluste, die die Moral untergraben. Der Grund: „Nur wenige Anleger können erkennen und zugeben, dass sie sich geirrt haben und frühzeitig Wertpapiere mit geringem Verlust verkaufen“, so Steiner. In die Falle geraten Anleger vor allem mit einzelnen Aktien („der heiße Tipp“), komplizierten Zertifikaten und spekulativen Optionsscheinen, bei denen vor allem die Bank verdient. Aber auch bei einem Übergewicht an Themen-ETFs oder Nischen-Fonds besteht diese Gefahr.

Lösung: Anleger packen maximal 20 Prozent ihrer Aktieninvestments in Themen-ETF oder Themen-Fonds! Bei Einzelaktien sollte dieser Anteil höchstens zehn Prozent betragen.

Fehler 2: Das Thema Gebühren vernachlässigen

Immer mehr Anleger setzen auf Aktien-ETFs. Aus gutem Grund: „ETFs bilden den jeweiligen Index sehr kostengünstig fast eins zu eins ab – und nur sehr wenige aktive Fondsmanager schlagen auf Dauer den Index“, sagt Anton Vetter. Doch die Finanzbranche wäre nicht sie selbst, wenn sie nicht auch bei den ETFs auf ihren Schnitt achten würde. So gibt es viele spezialisierte ETFs – etwa auf Wasserstoff, Künstliche Intelligenz, Blockchain etc. –, die dem Gedanken eines breiten Investments in den Aktienmarkt zuwiderlaufen, aber den Emittenten durch Gebühren satte Profite bescheren. Nicht selten kassieren sie zwischen 0,5 und 1,0 Prozent jährlich fürs ETF-Management, während ein breites Index-Investment schon ab 0,05 Prozent zu haben ist. Das gilt erst recht für aktiv verwaltete Fonds, die bis zu zwei Prozent pro Jahr einstreichen. Ergebnis: „Wer zwei statt 0,1 Prozentpunkten an Gebühren zahlt, hat bei gleicher Leistung von Fonds und ETF über die Zeit leicht mehrere zehntausend Euro weniger als ein ETF-Anleger“, so Vetter (s. Grafik).

Lösung: Wo immer möglich, setzen Anleger auf die günstigsten ETFs, die mindestens 250 Millionen Euro an Vermögen verwalten.

Grafik Fonds Gebuehren
Grafik: V-Bank

Fehler 3: Mehrere ETFs kaufen, ohne wirklich zu streuen

Wer mehrere ETFs kauft oder bespart, sollte darauf achten, dass es in den ETF-Portfolios keine Überschneidungen bei den Unternehmen gibt. Ein Klassiker, wie man es bei US-Investments nicht machen sollte, ist es, gleichzeitig ETFs auf S&P 500 und Nasdaq 100 zu erwerben. „Beide Indizes enthalten auf den ersten Plätzen Apple (Anteil 7 % vs. 13 %), Microsoft (6 % vs. 13 %) sowie Amazon (3 % vs. 6 %). Dadurch ergibt sich statt einer risikomindernden Streuung letztlich ein größeres Risiko“, erklärt Christian Steiner. Ebenso sinnlos wäre es, neben dem Aktienindex MSCI World oder dem MSCI All Country (ACWI) einen größeren Teil des Geldes in ETFs auf die USA zu stecken. Der Grund: Diese Welt-Indizes enthalten zu 60 bis 70 Prozent Aktien aus den USA.

Lösung: Anleger machen sich vor der Kombination von ETFs im Depot über die enthaltenen Aktien schlau. Alternativ setzen sie nur auf einen ETF für MSCI World oder MSCI ACWI oder auf Indexfonds aus Europa, USA und Schwellenländern (s. Tabelle).

Fehler 4: Angst haben, einen Markttrend zu verpassen

Die Angst, einen wichtigen Trend am Markt zu verpassen, hatte die Anleger zuletzt während des starken Anstiegs 2021 erfasst. Durch den Kursrückgang im Jahr 2022 ist die „Fear of Missing Out (FOMO)“ derzeit kaum präsent. Aber: „Wir können sicher sein, dass FOMO zurückkehren wird. Wie die Angst, im Abschwung Geld zu verlieren, ist die Angst, beim Anstieg nicht genug zu verdienen, ein kollektives psychologisches Phänomen, das durch den Markttrend und die Medien befeuert wird“, sagt Anton Vetter.

Das Problem: Nicht-Profis erkennen nur selten, wann ein Aufwärtstrend wirklich beginnt, sondern setzen erst dann auf höhere Kurse, wenn sie sich sicher fühlen – und das ist meist erst spät im Zyklus. Folglich verkaufen weitblickende professionelle Investoren, die ihre Aktien früh(er) erworben haben, genau dann in größerem Stil an diese hoffnungsvollen Privatinvestoren.

Lösung: Anleger können wie Odysseus die Ohren verschließen gegenüber den Börsen-News und den angeblich unverzichtbaren Trends in den Medien. Am leichtesten gelingt das, wenn sie ihr Vermögen nach einem wohldurchdachten Plan anlegen und diszipliniert dabeibleiben. Hier kann ein unabhängiger Vermögensprofi hilfreich sein.

Fehler 5: In Panik zu Tiefstkursen verkaufen

„Anleger, die in Panik verkaufen, haben zuvor ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Entweder haben sie den Markt oder sich selbst falsch eingeschätzt. Oft ist sogar beides der Fall“, bringt es Christian Steiner auf den Punkt. Getrieben werden Panikverkäufe, wie sie 2022 vor allem in Tech-Aktien zu beobachten waren, wie beim FOMO-Phänomen von der Marktentwicklung und den negativen Einschätzungen, die über die Medien verbreitet werden. Dagegen gilt es, sich zu wappnen – zum einen mit der Erkenntnis, dass die breiten Märkte in großen Baissen wie 2002 und 2008 rund 50 Prozent an Wert verlieren können, in kleineren Abschwüngen wie 2022 immerhin zwischen 20 und 30 Prozent.

Zum anderen sollte sich jeder Anleger Gedanken über den eigenen Schmerzpunkt machen: „Ab welchem prozentualen Verlust aufs Gesamtvermögen werde ich sehr nervös oder sogar panisch – diese Frage muss jeder ernsthafte Investor für sich beantworten“, so Steiner. Wer etwa weiß, dass er bei einem Verlust von 25 Prozent aufs Gesamtvermögen zur Panik tendiert, sollte höchstens 50 Prozent seines Gesamtvermögens in Aktien-ETFs und Aktienfonds stecken.

Lösung: Anleger, die in harten Zeiten dabeibleiben, weil sie gelernt haben, die Börsen-News zu ignorieren, können sicher sein: Irgendwann wird ihr Vermögen neue Höchststände erreichen, weil der breite Markt und damit die entsprechenden ETFs auf neue Hochs geklettert sind. Es ist also wenig sinnvoll, solche ETFs aus dem Depot zu werfen. Für Einzelaktien gilt dies nicht – diese können tatsächlich wertlos werden, wenn das Unternehmen nicht mehr existiert.

Billiger geht’s nicht: Die 10 günstigsten ETFs für wichtige Anlageregionen

ETF ISIN Region Größe Kosten
Xtrackers DAX LU0274211480 Deutschland 4,4 Mrd. € 0,09 %
Xtrackers Euro Stoxx 50 LU0380865021 Eurozone 3,1 Mrd. € 0,09 %
Lyxor Core Stoxx 600 LU0908500753 Europa 5,7 Mrd. € 0,07 %
iShares Core S&P 500 IE00B5BMR087 USA 50 Mrd. € 0,07 %
Xtrackers Nasdaq 100 IE00BMFKG444 USA / Tech 250 Mill. € 0,20 %
Vanguard FTSE Devel. Asia IE00BK5BQZ41 Asien o. Japan 330 Mill. € 0,15 %
Amundi MSCI Japan LU1781541252 Japan 2 Mrd. € 0,12 %
Lyxor Core MSCI World LU1781541179 Industrieländer 2,6 Mrd. € 0,12 %
iShares Core Emerg. Markets IE00BKM4GZ66 Schwellenländer 15,1 Mrd. € 0,18 %
Vanguard FTSE All World IE00BK5BQT80 Industrie- und
Schwellenländer
6,2 Mrd. € 0,22 %
Kriterien bei der Auswahl der ETFs: physische Replikation, thesaurierend, mind. 250 Mill.€ an verwaltetem Vermögen / Quelle: justetf.com, Recherche: Jürgen Lutz, Stand: 13.5.2023

Autor: Jürgen Lutz