Crowdfunding: So können Ärzte in den deutschen Mittelstand investieren
A&W RedaktionInvestieren in die deutsche Wirtschaft war bisher nur Großinvestoren oder Banken vorbehalten. Inzwischen können auch Privatanleger Unternehmern Geld leihen. Bereits ab 100 Euro ist ein Investment in den Mittelstand möglich. Zu durchschnittlich fünf Prozent festen Zinsen – so versprechen es Finanzdienstleister, die sich auf Schwarmfinanzierungen spezialisiert haben. Auch Ärzte können von dem System profitieren.
Die Zahnärztegruppe Dr. Hansen hat auf dem Online-Kreditmarktplatz Kapilendo 765.100 Euro von privaten Investoren eingesammelt. „Mit dem Geld konnten wir weiter expandieren und Praxen in Berlin und München eröffnen“, sagt Gründer und Geschäftsführer Dr. Robert Hansen. So wie er, entscheiden sich immer mehr Unternehmer unterschiedlicher Branchen dazu, mithilfe einer sogenannten Crowdfinanzierung Wachstum oder Betriebsmittel zu finanzieren.
Über Plattformen wie Kapilendo, Unternehmerich oder Funding Circle können private Anleger kleinen und mittelständischen Unternehmen Geld leihen. Dabei muss die gesamte Summe nicht ein Einzelner aufbringen, der Betrag kommt über viele Investoren zusammen – die Crowd. Ist ein Projekt finanziert, zahlen die Geldnehmer den Kredit innerhalb eines vorab definierten Zeitraums zurück, inklusive Zinsen. Warum immer mehr Firmeninhaber diese neue Form der Finanzierung nutzen, statt einen Bankkredit aufzunehmen, erklärt Kapilendo-Geschäftsführer Christopher Grätz: „Die Unternehmer wollen schnell und unbürokratisch an Geld kommen. Bei klassischen Banken dauern Anträge im Schnitt vier bis sechs Monate. Wir bearbeiten Anträge innerhalb weniger Tage.“
Zwei Prozent von rund 1.000 befragten Internetnutzern haben nach einer Umfrage der Marktwächter bereits Geld über Finanzierungs-Plattformen im Netz angelegt. Für die Zukunft können sich 15 Prozent ein solches Investment vorstellen. Potenzielle Kreditgeber registrieren sich online und können, je nach Anbieter, bereits ab 100 Euro in ein Projekt investieren. Auf der Webseite der Crowd-Finanzierer erfahren interessierte Investoren, wem genau sie ihr Geld geben können. Überzeugt ein Projekt genügend Anleger, können diese sich im Schnitt über fünf Prozent Zinsen freuen – vorausgesetzt, der Geldnehmer zahlt wie vereinbart zurück. In Zeiten von Nullzins klingen diese Renditen vielversprechend.
Verbraucherschützer raten zur Vorsicht
Verbraucherschützer betrachten Geldanlagen über Internet-Plattformen jedoch mit Skepsis. „Die Renditen sind beim Crowdinvesting meist deutlich höher, als etwa auf dem Tagesgeldkonto, aber das Risiko ist auch größer“, sagt Wolf Brandes, Finanzmarktwächter bei der Verbraucherzentrale Hessen. Anleger sollten die Risiken und Chancen und insbesondere die Ausgestaltung der Verträge genau prüfen. Das Risiko reiche bis zum Totalverlust des Geldes im Falle einer Insolvenz.
Mit aus diesem Grund schließt Kapilendo Startups von einer Finanzierung aus: „Bei Kapilendo stehen nur Projekte etablierter Firmen zur Finanzierung“, betont CEO Grätz. Junge Firmen könnten in der Regel noch kein etabliertes Geschäftsmodell vorweisen. Daher sei das Risiko, Investoren für Startups zu suchen, zu hoch. Unternehmerich oder Funding Circle sehen das ähnlich. Wer eine Finanzierung bei diesen Plattformen anfragt, dessen Unternehmen muss bestimmte Basisanforderungen erfüllen. Bei Companisto dagegen können Anleger auch in innovative Startups investieren. Was alle Online-Finanzierer gemeinsam haben: strenge Prüfprozesse. Wird das Ausfallrisiko als zu hoch bewertet, lehnen auch die Geldbeschaffer aus dem Internet Kreditanfragen ab.
Das Wagnis für Investoren bewerten die Online-Plattformen anhand von Risikoklassen. Ein geringerer Zins geht mit einer geringeren Ausfallgefahr einher und umgekehrt. Die Faustregel für Anleger lautet wie immer: Höheres Risiko bedeutet auch höhere Renditechancen.