Verkaufen oder aussitzen? So schützen Sie Ihr Aktiendepot vor starken Schwankungen
A&W RedaktionViele Ärzte möchten an der Börse „mitspielen“ haben aber nicht die Zeit, sich permanent mit den aktuellen Kursentwicklungen zu beschäftigen. Wie können sie dann aber ihr Aktiendepot vor Schwankungen wie nach dem Brexit-Votum bewahren? Unsere Experten geben wichtige Tipps zur Depotabsicherung und erklären, wie man Vermögen in politisch unsicheren Zeiten oder während längerer Abwesenheit vor negativen Einflüssen schützt.
Über zehn Prozent minus an einem Tag – das mussten Anleger aushalten, als die Börsen nach dem überraschenden Ausgang der Volksabstimmung in Großbritannien in die Knie gingen. Unsere Leser wollten wissen: Kann ein Aktiendepot eigentlich gegen solche Kursstürze geschützt werden? Und falls ja: Wie genau funktioniert das? Wir haben Experten um entsprechende Tipps für die Wertpapier-Anleger unter unseren Ärzten gebeten.
Short-ETFs und Put-Strategien sind was für Profis
„Grundsätzlich lässt sich ein Portfolio mit Short-ETFs oder Put-Strategien gegen Schwankungen absichern, aber man sollte genau verstehen, wie so etwas funktioniert“, sagt Uwe Zimmer, Kapitalmarktexperte aus Köln. Denn diese Instrumente sind zwar recht einfach aufgebaut, aber dennoch nichts für Einsteiger.
So ist ein “Short-ETF auf den Dax” so konstruiert, dass der Wert des Fonds steigt, wenn der deutsche Standardwerteindex fällt. Mit einer “Put-Option” lässt sich das Recht kaufen, Aktien zu einem festen Termin zu einem festgelegten Verkaufspreis zu verkaufen. Im Umkehrschluss heißt das allerdings auch, dass Short-ETFs im Wert fallen, wenn der Markt anders als gedacht steigt und Put-Optionen sogar wertlos werden können.
Kosten, Nutzen und Risiken solcher Absicherungsstrategie abschätzen zu können, ist aus diesem Grund nur etwas für erfahrene Investoren. „Solche Produkte sind nicht jedermanns Sache. Und eine Börsenweisheit sollten sich normale Anleger zu Herzen nehmen“, sagt Börsenprofi Zimmer: „Werte, von denen fallende Kurse erwartet werden, sollte man verkaufen.“
Automatischer Verkauf
Bleibt die Frage, wann der richtige Moment ist, Positionen abzustoßen. Und wie man dafür Sorge tragen kann, diesen nicht zu verpassen. Schließlich können Ärzte nicht den ganzen Tag die Entwicklungen der Aktienmärkte verfolgen. Das muss aber nicht zwingend zum Problem werden: Börsianer, die nicht rund um die Uhr die Märkte beobachten, können automatische Verkaufsaufträge* einrichten. „Stopp-Loss Orders sollten gesetzt werden, wenn der Anleger noch nicht realisierte Gewinne in seinem Depot vor zukünftigen Kursverlusten absichern möchte oder grundsätzlich Buchverluste ab einer bestimmten Grenze realisieren möchte“, erklärt Thomas Abel, Geschäftsführer der HONORIS Treuhand GmbH.
Einen objektiv idealen Abstand für so einen Stopp gibt es zwar nicht, zehn Prozent unterhalb der aktuellen Notierung gelten aber als Faustregel. Damit lässt sich der Verlust bei größeren Marktturbulenzen begrenzen, allerdings entgeht einem so auch die Chance auf schnelle Erholung, die gerade bei politisch motivierten Kurseinbrüchen nicht selten ist. Auch nach dem Brexit-Votum ging es an vielen Börsen schnell wieder nach oben. Erfahrene Anlageberater empfehlen deswegen eher zur langfristig ausgerichteten Streuung statt zu hektischem Verkaufen. „Das Zauberwort dabei heißt ‚Diversifikation‘ und das in Anlageklassen, die möglichst wenig voneinander abhängig sind“, sagt Thomas Abel.
Urlaubszeit absichern?
Das Prinzip, das Vermögen auf möglichst viele Säulen zu stellen, funktioniert auch bei einer längeren Abwesenheit und selbst bei unerwarteten politischen Krisen. „In einer schwankungsanfälligen Situation wie vor dem Brexit-Votum empfehle ich eine international diversifizierte Aktienquote von 25 bis höchstens 30 Prozent“, sagt Uwe Zimmer, so halten sich die Auswirkungen eines möglichen Kurssturzes für das Gesamtvermögen in Grenzen. Erfahrungsgemäß rechnet sich ständiges Aussteigen bei kurzfristigen Kurstälern seiner Erfahrung nach meist nicht und Absicherungsstrategien seien eher etwas für professionelle Anleger. Er hat einen einfachen Rat: „Wer mit einer langfristigen Perspektive investiert, kann auch unbekümmert ein paar Wochen wegfahren, ohne täglich einen Blick auf das Depot zu werfen.“
Interviews zum Thema:
„Keine entscheidende Rolle“
Der Kölner Kapitalmarktexperte Uwe Zimmer rät eher zu einer langfristigen Anlagestrategie statt zu komplizierten Absicherungsstrategien für die Urlaubszeit.
„Ökonomische Realität statt Tagesgeschrei“
Langfristig orientierte Anleger sollten sich nicht von der Unruhe politischer Börsen anstecken lassen, meint Thomas Abel, Geschäftsführer der HONORIS Treuhand GmbH.