Betriebsprüfung in der Arztpraxis: Was Sie wissen und beachten müssen
Marzena SickingWas weiß der Prüfer schon?
Das Finanzamt hat für Ihre Praxis eine Betriebsprüfung angekündigt? Und Sie machen sich Sorgen, was der Betriebsprüfer bei Ihnen finden könnte? Wir haben bei Steuerexperten nachgefragt und die wichtigsten Verhaltenstipps zusammengefasst.
Laut Statistik ist die Wahrscheinlichkeit, dass einem eine Prüfungsanordnung vom Finanzamt ins Haus flattert, relativ gering. Doch komplett ausschließen kann man es leider nicht. Das gilt insbesondere für Ärzte und Ärztinnen mit eigener Praxis, denn sie stehen seit einigen Jahren verstärkt im Fokus der Finanzämter.
Welche Gründe gibt es für eine Betriebsprüfung?
Das sind die häufigsten Gründe, bei denen es zu einer Betriebsprüfung kommt:
- Hohe Steuernachzahlungen aus einer früheren Betriebsprüfung
- Starke Umsatzveränderungen nach oben oder nach unten
- Ungereimtheiten in der Steuererklärung, z.B. in Zusammenhang mit Angehörigen-Arbeitsverträgen
- Regelmäßig verspätete Abgabe der Steuererklärung und ggf. auch verspätete Steuerzahlungen
- Änderung der Rechtsform
- Pech: Ein Zufälligkeitsgenerator hat Sie ausgespuckt
Warum Betriebsprüfer auch Niedergelassene ins Visier nehmen
Lange Zeit waren Arztpraxen relativ sicher, wenn es um Betriebsprüfungen ging. Doch seit einigen Jahren schauen die lokalen Finanzämter auf Anweisung des Bundesfinanzhofs wieder genauer hin. Der Grund: In vielen Arztpraxen werden inzwischen IGeL-Leistungen angeboten, die laut Steuerrecht der Umsatzsteuer unterliegen. Entsprechend oft werden hier Fehler gemacht. Viele niedergelassene Ärzte haben noch nie eine Umsatzsteuererklärung abgeliefert. Deshalb rechnen Finanzämter gerade bei niedergelassenen Ärzten mit attraktiven Nachforderungen aus gewerblichen Einkünften. Immerhin: Betriebsprüfungen werden im Vorfeld angekündigt und man kann sich darauf vorbereiten.
Anzeichen für eine bevorstehende Betriebsprüfung
Auch wenn Sie in der Arztpraxis noch keine Prüfungsanordnung erhalten haben, sendet das Finanzamt vor einer steuerlichen Betriebsprüfung schon deutliche Signale aus. Steuerbescheide, die plötzlich unter dem „Vorbehalt der Nachprüfung“ erlassen werden, sollten auf jeden Fall die Alarmglocken bei Ihnen schrillen lassen.
Der Betriebsprüfer wird aber nicht überraschend vor der Tür stehen. Er wird sich melden, um einen Termin zu vereinbaren. Prüfer wollen in der Regel in die Praxis kommen, die Kanzlei des Steuerberaters wird als Prüfungsort meistens abgelehnt. Haben Sie aber in der Arztpraxis kein Büro, das Sie zur Verfügung stellen können, dann besteht eine Chance, den Beamten aus dem Betrieb fernzuhalten. Versuchen Sie es mit einem Verweis auf ihre Patienten, schließlich müssen auch Sie den Datenschutz beachten.
Was Ärzte zum Thema Betriebsprüfung wissen müssen
Was weiß der Prüfer schon? Das ist eine Frage, die Sie unbedingt mit dem Steuerberater bei der Vorbereitung erörtern sollten. Manchmal hat der Prüfer nicht viel mehr als die Steuererklärung, oft aber doch mehr, als man glaubt! Er kennt in der Regel Ihre EÜ-Rechnungen und Steuerklärungen (Was Sie sonst noch während einer Betriebsprüfung erwartet, lesen Sie hier). Vielleicht hat er zusätzliche steuerliche Informationen aus anderen Prüfungen – oder auch anderen Quellen. Haben Sie sich scheiden lassen oder früher angestellte Ärzte oder MFA verärgert? Niedergelassene Ärzte sollten immer mit Neidern, die sie bei der Finanzbehörde anschwärzen, rechnen.
Wie bereite ich mich auf die Prüfung vor?
Entwickeln Sie mit Ihrem Steuerberater rechtzeitig vor der Außenprüfung (AO) eine Strategie. Wichtig: Machen Sie mögliche Angriffspunkte in den relevanten Daten ausfindig. Ist bei den IGeL-Leistungen steuerlich wirklich alles sauber gelaufen? Können Sie jeden Sachverhalt belegen und erklären? Oder haben Sie bei der letzten Steuererklärung bei den Betriebskosten die eine oder andere private Ausgabe reingemogelt? Sie werden überrascht sein, aus welchen Quellen das Finanzamt manchmal sein Wissen bezieht.
Welche Rechte und Pflichten habe ich während der Betriebsprüfung?
Sie müssen mitwirken und Auskünfte geben. Dazu müssen Sie alle Unterlagen der Buchhaltung vorlegen und dem Prüfer einen geeigneten Raum zur Verfügung stellen. Im Gegenzug haben Sie das Recht, Ihre Position zu den Sachverhalts- und Rechtsfragen detailliert darzustellen. Das sollten Sie allerdings nur gemeinsam mit dem Steuerberater tun. Geben Sie freiwillig keine Informationen preis, die Sie belasten könnten.
Darf der Prüfer in die Privatwohnung des Steuerpflichtigen?
Nicht, wenn er dort kein Arbeitszimmer hat. Viele Ärzte haben ihre Praxis im eigenen Haus. Wer selbstständig ist, arbeitet häufig auch von Zuhause aus. Das bedeutet aber nicht, dass der Betriebsprüfer die Privaträume betreten darf. Auch die Einsicht in Privatkonten des Freiberuflers ist laut Steuerrecht tabu, solange dort keine Praxis-Zahlungen ein und aus gehen. Betriebsprüfung bedeutet tatsächlich, dass nur geprüft werden darf, was für das Unternehmen relevant ist.
Interessieren den Prüfer private Anschaffungen?
Nur, wenn die deklarierten Einkünfte privaten Vermögenserwerb (etwa Haus oder Auto) nicht decken. Darf der Prüfer Familienangehörige vernehmen? Nein, engste Familienangehörige müssen Fragen des Prüfers zu Steuern und Unternehmen nicht beantworten. Ansonsten ist aber jede relevante Person (aber nicht jeder Mitarbeiter) grundsätzlich verpflichtet, Rede und Antwort zu stehen.
Auf welche Praxisdaten darf die Finanzverwaltung zugreifen?
- Hauptspielwiese des Prüfers ist die per EDV erstellte Praxis-Buchführung.
- Patientendaten betreffend Diagnose und Behandlungsmethoden gehen den Prüfer nur anonymisiert etwas an.
- Seine Einsicht in ärztliche Unterlagen ist nur zulässig, wenn sie sich auf Ihre finanziellen Beziehungen zu Patienten beschränkt.
- Auch E-Mails sind prüfbar. Deshalb strikte Trennung von privaten und geschäftlichen E-Mails. Vorsicht: Versehentlich überlassene Daten dürfen vom Finanzamt bei der Prüfung auch verwertet werden!
Was wird bei der Betriebsprüfung geprüft?
Klassische Themen bei der Außenprüfung sind,
- ob alle in der Steuererklärung angegebenen Betriebsausgaben auch wirklich Betriebsausgaben sind,
- ob Sie wirklich mit Ihrem Praxis-Pkw so wenig privat fahren,
- ob sämtliche Anlagegüter auch wirklich in der Praxis stehen,
- ob das erklärte Einkommen tatsächlich die Lebenshaltungskosten deckt und
- ob die umsatzsteuerfreien von den -pflichtigen Leistungen ordentlich abgegrenzt sind.
Warum man private und geschäftliche Steuerunterlagen trennen sollte
Private und geschäftliche Zahlungen sollten immer getrennt werden. Achten Sie auch darauf, alle relevanten Unterlagen (Versicherungen, Fahrtenbuch etc.) parat zu haben. Den Datenzugriff müssen Sie dem Betriebsprüfer gewähren. Allerdings nur für den Zeitraum, für den die Aufbewahrungspflicht gilt. Ältere Unterlagen müssen Sie nicht vorlegen.
Wenn möglich, sollten Steuerpflichtige und Steuerberater bei der Durchführung der Prüfung immer vor Ort sein. Bestehen Sie außerdem auf eine Schlussbesprechung mit dem Prüfer. Hier wird Ihnen die Auswertung noch mal vorgestellt und Sie erfahren, welche Nachzahlung Sie erwartet. Häufig zeigt sich das Finanzamt in der Schlussbesprechung verhandlungsbereit.
Übrigens honoriert es das Finanzamt, wenn Selbstständige und Unternehmer aktiv Sorge tragen, ihren Steuerpflichten sauber nachzukommen – hier kann es einen guten Eindruck machen, wenn Sie in Zusammenarbeit mit dem Steuerberater ein sogenanntes Steuer-IKS einführen. Das sollte allerdings schon vor der Betriebsprüfung passiert sein.