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Corona-News

Der Schlaganfall ist eine akute, lebensbedrohliche Krankheit, bei der jede Minute zählt. Als Grundregel gilt, dass die medikamentöse Auflösung des Gefäßverschlusses („Thrombolyse“) innerhalb von 4,5 Stunden nach Symptombeginn erfolgen sollte, auch wenn jüngere Daten zeigten, dass unter bestimmten Bedingungen auch nach Ablauf dieser Zeitspanne ein Therapieversuch unternommen werden kann. Vor allem die mechanische Entfernung eines Gerinnsels durch einen Katheter-Eingriff, die Thrombektomie, ist auch noch später möglich.

Fakt ist aber: Je früher ein Gefäßverschluss wiedereröffnet wird, desto höher sind die Chancen auf vollständige Genesung. Je länger es hingegen dauert, bis die Patientin/der Patient medizinisch versorgt wird, desto höher ist das Risiko für Tod oder schwere, bleibende Behinderungen.

Spürbarer Rückgang an Patientinnen und Patienten bei Neurologen

Bereits in der frühen Phase der Pandemie zeigten sich Neurologinnen und Neurologen über einen spürbaren Rückgang an Patientinnen und Patienten, die sich wegen Schlaganfallsymptomen in einer Notaufnahme vorstellten, alarmiert. Sie richteten Appelle an die Bevölkerung, Schlaganfallsymptome nicht zu ignorieren. Dass der damalige Eindruck der „leeren“ Stroke-Units nicht täuschte, bestätigte nun die erste bundesweite Erhebung zur Schlaganfallversorgung während der ersten Pandemiephase (16. März bis 15. Mai 2020).

Grundlage der Studie waren die Daten aus allen 1.463 Krankenhäusern in Deutschland, die in dieser Zeit Schlaganfallpatienten behandelt haben. Die Daten wurden mit denen des gleichen Zeitraums im Vorjahr und mit denen des Prä-Pandemie-Zeitraums 16. Januar bis 15. März 2020 verglichen. In der Pandemiephase wurden 31.165 Patientinnen und Patienten mit akutem ischämischen Schlaganfall aufgenommen. Im Vergleich zur Prä-Pandemiephase war das ein Rückgang von 17,4 Prozent, im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Vorjahr von 18,5 Prozent. Bei Patientinnen und Patienten mit „Mini-Schlaganfall“ (transitorische ischämische Attacke/TIA, oft Vorbote eines schweren Schlaganfalls, wenn keine Behandlung erfolgt), betrug der Rückgang sogar 22,9 Prozent, respektive 26,1 Prozent. Im Hinblick auf Patienten mit Hirnblutungen war zwischen der Prä-Pandemiephase und der Pandemiephase ein Rückgang von 15,8 Prozet zu verzeichnen.

Sterblichkeit erhöht

Dass das nicht ohne Folgen blieb, zeigte der zeitgleiche Anstieg der Krankenhaussterblichkeit von Patienten mit ischämischem und hämorrhagischem Schlaganfall. Sie war im Beobachtungszeitraum während der Pandemie im Vergleich zum Zeitraum unmittelbar davor signifikant erhöht. Bei Hirnblutungen zeigte sich eine Diskrepanz von 8,1 Prozent vs. 7,6 Prozent, bei Hirninfarkten 34,9 Prozent vs. 29,9 Prozent. Die Autoren der Auswertung führen die erhöhte Sterblichkeitsrate auf die Tatsache zurück, dass während der Pandemie verhältnismäßig mehr Patienten mit schwereren Symptomen und somit schlechterer Prognose eingeliefert wurden. „Dass die Schlaganfallpatienten später und ‚kranker‘ in die Kliniken kamen, lässt sich auch an der erhöhten Thrombektomierate ablesen. Offensichtlich war bei mehreren das Zeitfenster für die medikamentöse Lysetherapie abgelaufen, so dass nur noch der interventionelle Eingriff als Therapieoption blieb“, erklärt Prof. Dr. Christos Krogias, Korrespondenzautor der Studie.

Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Neurologie wurden Betroffene wegen der Angst sich anzustecken, nicht oder zu spät vorstellig. Die Schlaganfallsterblichkeit nahm zu. Die Akuttherapie erfolgte in Deutschland während der Pandemiephase ohne Einbußen. Prozentual blieben die Behandlungsraten unverändert hoch. “Allerdings können wir nur helfen, wenn Patienten mit Schlaganfallsymptomen nicht zögern, sondern umgehend die 112 anrufen. Aus Sorge vor einer möglichen Ansteckung mit Corona davon abzusehen, bezahlen Betroffene womöglich mit ihrem Leben. Wir hoffen, dass dieser Appell in der Öffentlichkeit Gehör findet, damit es in der jetzigen Pandemiephase nicht wieder zu einer erhöhten Schlaganfallsterblichkeit kommt“, appelliert Prof. Peter Berlin, DGN-Generalsekretär.

Einzelheiten zur Studie finden Sie hier.