Was bei der ärztlichen Honorarabrechnung bei Polizeibeamten und Co. zu beachten ist
Dr. jur. Alex JanzenUnter den sonstigen Kostenträgern werden Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts verstanden, die ärztliche Leistungen für bestimmte Personenkreise nach gesonderten Vorschriften vergüten. Im Regelfall sind es Personen, die in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu den betreffenden Körperschaften oder Anstalten stehen und aus diesem Dienstverhältnis einen Anspruch auf Übernahme von Krankheits- oder Behandlungskosten für sich und ihre Angehörige haben.
Auf der Ebene des Bundes und der Bundesländer existiert eine beachtliche Anzahl von solchen Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, die eine Übernahme von Krankheits- oder Behandlungskosten in gesonderten Verträgen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbart haben.
Die Bundeswehr
Für ärztliche Versorgung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr außerhalb der truppenärztlichen Versorgung durch Sanitätsärzte gilt der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in der aktuell gültigen Fassung vom 14.08.2017 („Bundeswehrvertrag“). Nach § 1 Abs. 1 Bundeswehrvertrag stellt dieser Vertrag die ärztliche Versorgung von Soldaten der Bundeswehr sicher, sofern diese von Sanitätsärzten der Bundeswehr zur Behandlung in eine ärztliche Praxis oder in ein Krankenhaus überwiesen worden sind. Ferner gilt der Bundeswehrvertrag für Musterungsuntersuchungen im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht, für Verwendungsfähigkeits- und andere Dienstuntersuchungen. Darüber hinaus kann die Bundeswehr nach § 1 Abs. 3 Bundeswehrvertrag statt Sanitätsärzten Vertragsärzte als beauftragte Ärzte mit der ärztlichen Versorgung von Soldaten beauftragen, sofern die betreffenden Vertragsärzte zustimmen.
Gemäß § 2 Abs. 1 Bundeswehrvertrag können Ärzte den Soldaten der Bundeswehr ärztliche Leistungen nicht verweigern, sofern sie an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Allerdings erfolgt die Behandlung von Soldaten der Bundeswehr nach § 3 Bundeswehrvertrag erst nach Vorlage eines Überweisungsscheins eines Sanitätsarztes der Bundeswehr nach einem im Bundeswehrvertrag vorgegebenen Muster, der vom Sanitätsarzt unterschrieben sein muss.
Ein Überweisungsschein wird für einen bestimmten Arzt ausgestellt und gilt grundsätzlich nur für ein Kalendervierteljahr. Nur bei Unfällen, bei einer schweren plötzlichen Erkrankung oder bei einer Erkrankung außerhalb des Dienststandorts kann statt eines Überweisungsscheins der Dienstausweis vorgelegt werden, wobei in solchen Fällen der Überweisungsschein innerhalb von vier Wochen nachgereicht werden muss. Wird der Überweisungsschein nicht innerhalb von vier Wochen vorgelegt, kann der behandelnde Arzt gegenüber dem betreffenden Soldaten privat abrechnen.
Der behandelnde Arzt ist nach § 4 Abs. 1 Bundeswehrvertrag an den Überweisungsauftrag des Bundeswehrarztes gebunden. Sofern der behandelnde Arzt andere oder weitergehende Leistungen erbringen will, bedarf er hierzu eines weiteren Überweisungsscheins des Bundeswehrarztes. Bei Notfallbehandlungen muss sich der behandelnde Arzt auf Akutversorgung beschränken. Arznei- oder Verbandsmittel für einen Soldaten darf der behandelnde Arzt nicht verordnen, stattdessen muss er gemäß § 5 Abs. 1 Bundeswehrvertrag dem zuständigen Bundeswehrarzt eine Verordnungsempfehlung geben, ohne einen Verordnungsvordruck zu verwenden.
Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizei
Die ärztliche Versorgung von Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizei regelt der entsprechende Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in seiner aktuellen Fassung vom 12.04.2021 („Bundespolizeivertrag“), der dem Bundeswehrvertrag ähnlich aufgebaut ist. Nach § 1 Abs. 1 Bundespolizeivertrag regelt dieser die ärztliche Versorgung von Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizei im Sinne § 75 Abs. 3 SGB V, der als die Rechtsgrundlage für die gesonderten Verträge zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und der Bundespolizei bzw. den anderen vergleichbaren öffentlich-rechtlichen Körperschaften bzw. Anstalten, wie der Bundeswehr, dient.
Die ärztliche Versorgung von Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizei durch Vertragsärzte erfolgt einerseits aufgrund eines Überweisungsscheins der polizeiärztlichen Dienste und andererseits durch Vorlage der allgemeinen Heilfürsorgekarte oder einer elektronischen Gesundheitskarte durch einen Polizeivollzugsbeamten. Die Inanspruchnahme eines Vertragsarztes erfolgt nach § 3 Abs. 1 Bundespolizeivertrag regelmäßig durch die Vorlage eines Überweisungsscheins der polizeiärztlichen Dienste nach einem bestimmten im Bundespolizeivertrag vorgegebenen Muster (Vordruckmuster 6).
Liegt eine plötzliche schwere Erkrankung, ein Unfall oder eine Erkrankung außerhalb des Dienststandortes vor, kann der Betroffene statt des Überweisungsscheins seinen Dienstausweis vorlegen und den Überweisungsschein innerhalb von vier Wochen nachreichen. Wird der Überweisungsschein während dieser Zeit nicht nachgereicht, ist der behandelnde Arzt zur Privatabrechnung berechtigt. Ein Überweisungsschein ist auf ein Kalendervierteljahr begrenzt, wobei eine andere Gültigkeitsdauer durch den zuständigen Polizeiarzt in einem konkreten Fall festgelegt werden kann.
Nach § 3 Abs. 4 Bundespolizeivertrag ist der Vertragsarzt an den Überweisungsauftrag des Polizeiarztes gebunden. Andere bzw. weitere Leistungen darf der Vertragsarzt erst nach Vorlage eines weiteren Überweisungsscheins erbringen. Bei einer Notfallbehandlung muss sich der Vertragsarzt auf die notwendige Akutversorgung beschränken. Im Gegensatz zur Behandlung von Bundeswehrsoldaten kann ein Vertragsarzt bei Behandlung von Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizei Arznei- und Verbandmittel nach dem gesonderten Vordruck verordnen und muss nicht lediglich Empfehlungen an den zuständigen Polizeiarzt geben.
Polizeivollzugsbeamten der Bundesländer
Die Bundesländer regeln die ärztliche Versorgung ihrer Polizeivollzugsbeamten in gesonderten Verträgen mit den im betreffenden Bundesland bestehenden Kassenärztlichen Vereinigungen. Regelmäßig enthalten diese Verträge Bestimmungen, die gültige Landesverordnungen über die Heilfürsorge der Polizeivollzugsbeamten ergänzen und im übrigen ähnlich dem Bundespolizeivertrag aufgebaut sind. Abweichend von den Regelungen des Bundeswehr- oder Bundespolizeivertrages sehen die Verträge über die ärztliche Versorgung von Landesvollzugsbeamten regelmäßig keine Überweisungsscheine der Polizeiärzte vor, sondern nur die Vorlage von Behandlungsausweisen oder Krankenversichertenkarten durch Landespolizeivollzugsbeamte.
Wie bei Soldaten der Bundeswehr oder bei Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizei können Leistungserbringer bei Nichtvorlage von Behandlungsausweisen bzw. Krankenversichertenkarten gegenüber den behandelten Landespolizeivollzugsbeamten nach einer gewissen Zeit, die sich je nach Bundesland unterscheiden kann, privat abrechnen.
Beamte der Bundesbahn
Die ärztliche Versorgung von Beamten der Bundesbahn wird durch den entsprechenden Vertrag zwischen der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in der aktuellen Fassung vom 01.04.2021 geregelt („Bundesbahnvertrag“). Der Bundesbahnvertrag weist im Vergleich zum Bundeswehrvertrag und zum Bundespolizeivertrag erhebliche Besonderheiten auf. So sind die Bundesbahnbeamten nach § 3 Bundesbahnvertrag bei der Inanspruchnahme von Leistungen der Vertragsärzte Selbstzahler.
Nach Erhalt der Arztrechnung, die mit dem Zusatz „KVB-Vertrag“ versehen sein soll, reichen Bundesbeamte die Arztrechnung an die KVB weiter, die die Rechnung nach § 5 Abs. 4 Bundesbahnvertrag innerhalb von 6 Wochen zu begleichen hat. Die KVB erstattet den Rechnungsbetrag nach § 6 Abs. 1 Bundesbahnvertrag an den behandelten Beamten der Bundesbahn, der seinerseits den Rechnungsbetrag zzgl. Zuzahlung an den betreffenden Vertragsarzt weiterzuleiten hat.
Beamte der Bundespost
Bei Postbeamten der Besoldungsklassen A 2 bis A 6 als Mitglieder der Postbeamtenkrankenkasse, nebst deren Angehörigen, wird die ärztliche Versorgung durch den Vertrag der Postbeamtenkrankenkasse und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in der aktuellen Fassung vom 08.06.2021 geregelt („Bundespostvertrag“). Der Bundespostvertrag hat kaum Ähnlichkeit zum Bundeswehr- oder zum Bundespolizeivertrag. Leistungs- und abrechnungsberechtigt nach dem Bundespostvertrag sind nur an diesem Vertrag nach § 3 Bundespostvertrag beteiligte Ärzte, sofern diese der uneingeschränkten Anwendbarkeit des Bundespostvertrages gegenüber ihrer zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung schriftlich zugestimmt haben.
Der Bundespostvertrag umfasst nur bestimmte ärztliche Leistungen, insbesondere die ambulante und belegärztliche Behandlung, nicht jedoch Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz sowie Leistungen für Unfallbehandlungen nach dem Sozialgesetzbuch VII. Nach § 6 Bundespostvertrag haben anspruchsberechtigte Postbeamte die freie Wahl unter den Ärzten, die sich am Bundespostvertrag beteiligen. Dies gilt nicht bei Behandlungen in der Wohnung des Anspruchsberechtigten: Hier muss die Behandlung durch den nächsterreichbaren Vertragsarzt erfolgen, sonst trägt der Anspruchsberechtigte die Mehrkosten.
Zivildienstleistende
Die ärztliche Versorgung von Zivildienstleistenden richtet sich nach dem entsprechenden Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 19.02.2009 („Zivildienstleistende-Vertrag“). Nach § 2 Abs. 1 Zivildienstleistende-Vertrag sind Vertragsärzte zur ärztlichen Versorgung nach dem Zivildienstleistende-Vertrag berechtigt und verpflichtet. Vor Beginn der Behandlung müssen sich Zivildienstleistende durch einen Behandlungsausweis zusammen mit dem Dienstausweis ausweisen. Die Verweisung an einen anderen Leistungserbringer darf der behandelnde Arzt nur mit einem Überweisungsschein vornehmen.
Dr. Alex Janzen, Rechtsanwalt