Patient bricht Behandlung ab – kein Vergütungsanspruch?
A&W RedaktionManche Gebührenziffern im EBM können nur abgerechnet werden, wenn auch das Ende der Behandlung dokumentiert wird. Bei einem Behandlungsabbruch gehen Ärzte leer aus. Doch sie können sich schützen.
Bei einigen dermatologischen EBM-Ziffern gehört zur Abrechnung eine genaue fotografische Dokumentation vor und nach der Behandlung. Doch was passiert, wenn der Patient die Behandlung abbricht oder einfach nicht mehr erscheint?
KV verweigert die Bezahlung
So geschehen im Falle eines niedergelassenen Dermatologen, der bei einigen seiner Patienten Laser-Hautbehandlungen von Feuermalen nach GOP 10324 EBM durchgeführt und abgerechnet hatte. Nach einer Plausibilitätsprüfung wurde ihm jedoch die Bezahlung verweigert. Das Argument: Die genannte Gebührenordnungsposition sei nur einmal im Leben abrechenbar.
Irgendwie logisch – schließlich sollte das Feuermal nach der Behandlung verschwunden sein. Es fehle jedoch am Beweis dafür, meinte die Kassenärztliche Vereinigung, nämlich an der Foto-Dokumentation und an der metrischen Dokumentation vor und nach der Behandlung. Daher erhalte er kein Honorar.
Arzt klagt gegen die Entscheidung
Der Arzt legte Widerspruch ein und berief sich unter anderem darauf, dass während des fraglichen Abrechnungszeitraums von rund drei Jahren 16 Patienten die Behandlung nicht beendet hätten, so dass er keine abschließende Dokumentation habe erstellen können. Doch sein eigentlich stichhaltiges Argument verhallte ungehört. So erhob er Klage vor dem Sozialgericht München.
Im Prozess staunte er dann allerdings nicht schlecht. Denn die Juristen diskutierten verbissen darüber, ob die GOP 10324 „im Behandlungsfall“ abrechenbar ist oder nur einmal im Leben. Die KBV und der GKV-Spitzenverband wurden angehört. Die Juristen deuteten den Wortlaut in alle möglichen Richtungen. Schließlich ruhte das Verfahren sogar kurzzeitig, weil man den Ausgang eines Verfahrens in Baden-Württemberg abwarten wollte.
Das Sozialgericht München wies die Klage aber schließlich ab (27.11.2019, Az. S 38 KA 1352/12). Es komme, so die Richter, in erster Linie auf den Wortlaut der Leistungslegenden an. Die Gebührenordnungsposition 10324 lautet wie folgt:
„Behandlung von Naevi flammei und/oder Hämangiomen
Obligatorischer Leistungsinhalt:
- Therapie mittels Laser,
- Metrische und fotografische Dokumentation vor Beginn und nach Abschluss der Therapie,
Fakultativer Leistungsinhalt:
- Behandlung in mehreren Sitzungen,
Abrechnungsbestimmung:
bis zu 1 cm² Gesamtfläche des behandelnden Areals und für jeden weiteren cm² je einmal“.
Anders als beispielsweise bei den hautärztlichen Gebührenordnungspositionen 10330 und 10210 sei als Leistungslegende die Formulierung „einmal im Behandlungsfall“ gerade nicht hinterlegt. Daraus folgerte das Gericht, dass die Gebührenordnungsposition 10324 nicht einmal im Behandlungsfall abrechenbar ist, sondern eben einmal im Leben. Nach Auffassung des Gerichts ist der Wortlaut eindeutig, so dass kein Raum für die anderen Auslegungsregeln ist.
Dermatologen sollten sich gegen Behandlungsabbruch absichern
Niedergelassene Dermatologen sollten sich daher bei Gebührenziffern, deren Abrechnung eine Dokumentation zu Beginn und zum Ende der Behandlung voraussetzen, vor einem Behandlungsabbruch ihrer Patienten absichern. Sie laufen sonst Gefahr, ihre Leistungen umsonst erbracht zu haben. Dazu können Ärztinnen und Ärzte sich vorab von dem Patienten eine auf die jeweilige Gebührenziffer bezogene Kostenübernahmeerklärung unterzeichnen lassen. Der Patient muss dann im Falle eines Behandlungsabbruchs die bereits erbrachten Leistungen aus eigener Tasche zahlen.
Ina Reinsch