GOÄ-Abrechnung: häufige Problemfelder
Dr. jur. Alex JanzenDie Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) enthält zahlreiche Abrechnungspositionen, welche ein fein abgestimmtes Regelwerk in sich bergen, das bei jeder Abrechnung genau beachtet werden muss.
Dies setzt einerseits eine sorgfältige Lektüre der betreffenden Positionen und andererseits juristische Grundkenntnisse voraus, die der Gesetzgeber bei den abrechnenden Ärztinnen und Ärzten schlichtweg unterstellt. Einige dieser problematischen GOÄ-Abrechnungspositionen, die zu den „Klassikern“ gehören und den Abrechnenden immer wieder Probleme bereiten, werden in diesem Beitrag diskutiert.
Materialkosten und Auslagen abrechnen
Ärztinnen und Ärzte können Auslagen, die ihnen bei Leistungserbringung entstanden sind, nur in Rechnung stellen, soweit diese Auslagen im Katalog des § 10 GOÄ aufgeführt sind. Weitere Auslagen sind nach GOÄ nicht abrechnungsfähig, dies ergibt sich aus § 10 Abs. 1 Satz 1 GOÄ, nach dem „nur“ die explizit bezeichneten Auslagen abgerechnet werden können. Hierzu gehören nach § 10 Abs. 1 GOÄ
- Arznei- und Verbandsmittelkosten sowie Aufwendungen für andere Materialien, wenn diese von einer gesonderten Berechnung nicht nach § 10 Abs. 2 GOÄ ausgeschlossen sind,
- Versand- und Portokosten, sofern ein gesonderter Ansatz nicht nach § 10 Abs. 3 GOÄ verboten ist,
- Kosten, die durch die Anwendung und dadurch verursachten Verbrauch von radioaktiver Stoffen nach Abschnitt O der GOÄ entstanden sind und
- im übrigen Kosten, die nach dem GOÄ-Gebührenverzeichnis gesondert abgerechnet werden können.
Weitere unter § 10 Abs. 1 GOÄ nicht aufgeführten Auslagen und Materialkosten können nach GOÄ nicht gesondert in Rechnung gestellt werden.
Berechnet werden können nur tatsächlich angefallene Kosten, nicht jedoch Pauschalbeträge. Ein Beleg für gesondert in Rechnung gestellte Kosten muss nach § 12 Abs. 2 Nr. 5 GOÄ nur beigefügt werden, wenn die einzelne Auslage den Betrag von „50 Mark“, umgerechnet EUR 25,56, übersteigt, d. h. erst ab einem Betrag von EUR 25,57. § 10 Abs. 2 GOÄ führt zahlreiche Kosten für Materialien auf, die nicht gesondert abgerechnet werden können. Gemeinsam für diese Kosten ist deren geringer Wert und die Verwendung als Desinfektions-, Verband- oder Reinigungsmittel.
Besonders feine Abstufungen weist § 10 Abs. 3 GOÄ für Versand- und Portokosten auf, die ebenfalls keineswegs in jedem Fall gesondert abgerechnet werden können. Danach kann nur derjenige Arzt Versand- und Portokosten separat in Rechnung stellen, „dem die gesamten Kosten für Versandmaterial, Versandgefäße sowie für den Versand oder Transport entstanden sind“. Kosten für Versand- und Untersuchungsmaterial können nur gesondert abgerechnet werden, wenn diese nicht „innerhalb einer Laborgemeinschaft oder innerhalb eines Krankenhausgeländes“ entstanden sind, selbst wenn diese Kosten durch Transport oder Versand zu einem beauftragten Arzt verursacht worden sind. Versand- und Portokosten für die Versendung von Arztrechnungen sind ebenfalls nicht gesondert berechnungsfähig.
Beratungs- und Untersuchungsgebühren werden häufig falsch berechnet
Die GOÄ enthält zahlreiche Tatbestände für Beratungs- und Untersuchungsgebühren nach Abschnitt I. Die betreffenden Gebühren werden bei der Abrechnung aufgrund der verschachtelten oder hierarchisch aufgebauten Regelungstechnik in dem Gebührenverzeichnis häufig nicht richtig berechnet. So ist der Ansatz einer Beratungsgebühr nach Nr. 3 GOÄ als einzige Leistung oder nur zusammen mit den Leistungen nach Nr. 5, 6, 7, 8, 800 oder 801 GOÄ möglich. Die Formulierung die „einzige Leistung“ unter Nr. 3 GOÄ bedeutet nicht, dass die betreffende Beratungsgebühr nur einmal pro Behandlung abgerechnet werden darf. Diese Beratungsgebühr darf pro Behandlungsfall auch mehrfach abgerechnet werden, allerdings ab der zweiten Berechnung in einem Behandlungsfall nur mit einer gesonderten Begründung.
Anders hingegen die Untersuchungsgebühr nach Nr. 4 GOÄ, die pro Behandlungsfall nur einmal abgerechnet werden darf, eine weitere Abrechnung ist auch mit einer gesonderten Begründung nicht zulässig. Werden Leistungen nach Nr. 30, 34, 801, 806, 807, 816, 817 und/oder 835 erbracht, darf die Untersuchungsgebühr nach Nr. 4 GOÄ daneben nicht gesondert berechnet werden.
Bei speziellen Beratungen oder Untersuchungen nach Abschnitt III der GOÄ sollte bei der Abrechnung von entsprechenden Gebühren stets darauf geachtet werden, welche anderen Leistungen neben den betreffenden Beratungen oder Untersuchungen erbracht wurden. Sind Beratungs- oder Untersuchungsgebühren in Rechnung gestellt worden, können bestimmte andere Leistungen, die sich je nach einer Beratungs- oder Untersuchungsgebühr unterscheiden, im selben Behandlungsfall regelmäßig nicht zusätzlich abgerechnet werden.
Zuschläge für ärztliche Leistungen teilweise nicht zusammen abrechenbar
Zuschläge für Gebühren nach Abschnitt II der GOÄ weisen ebenfalls eine feine Abstufung oder Differenzierung auf. Manche Zuschläge – z. B. nach den Buchstaben A bis D und K 1 des Abschnitts II – können nicht zusammen mit bestimmten anderen Zuschlägen angerechnet werden. Andere Zuschläge – wie der Zuschlag nach Buchstabe D – sind sehr wohl zusammen mit bestimmten anderen Zuschlägen berechnungsfähig, z. B. bei dem Zuschlag nach Buchstabe D mit den Zuschlägen nach B oder C.
Einige Zuschläge dürfen von Krankenhausärzten überhaupt nicht oder nur in bestimmten Fällen berechnet werden. So können Zuschläge nach den Buchstaben B bis D des Abschnitts II nicht berechnet werden, sofern die Leistungen nicht durch den liquidationsberechtigten Arzt oder seinen Vertreter nach § 4 Abs. 2 Satz 3 GOÄ erbracht werden. Hiervon abweichend ist eine Abrechnung von Zuschlägen nach Buchstabe D des Abschnitts II für Leistungen zwischen 8 und 20 Uhr durch Krankenhausärzte nicht zulässig.
Richtige und vollständige Dokumentation der erbrachten Leistungen ist essenziell
Eine ärztliche Leistung ist nur dann berechnungsfähig, wenn sie auch dokumentiert worden ist. Wie ausführlich die Dokumentation sein sollte, lässt sich nicht pauschal bestimmen, maßgeblich ist die konkrete Behandlung und nicht zuletzt die Berufserfahrung des behandelnden Arztes. Gesetzliche Vorgaben für den Mindestumfang der ärztlichen Dokumentationspflicht finden sich in § 630f BGB. Nach § 630f Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Behandelnde verpflichtet, eine Patientenakte für Dokumentationszwecke zu führen. Eine Patientenakte kann gemäß § 630f Abs. 1 Satz 2 BGB nur geändert oder berichtigt werden, wenn der ursprüngliche Inhalt erkennbar bleibt und festgehalten wird, wann die Änderung oder Berichtigung vorgenommen worden ist. Dies gilt auch dann, wenn eine Patientenakte elektronisch geführt wird.
Für den Inhalt einer Patientenakte bestimmt § 630f Abs. 2 BGB, dass der Behandelnde sämtliche wesentliche Maßnahmen in der Patientenakte aufzuzeichnen hat, wobei das Gesetz hier einige Pflichteintragungen exemplarisch aufzählt: Hierzu gehören „Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen“ sowie Arztbriefe. Nach § 630f Abs. 3 BGB muss die Patientenakte 10 Jahre lang aufbewahrt werden, sofern nicht in Regelungen außerhalb des § 630f BGB andere Fristen vorgeschrieben worden sind.
Analoge Bewertung von Leistungen nach GOÄ
Im Gegensatz zum EBM erlaubt es § 6 Abs. 2 GOÄ, ärztliche Leistungen auch dann abzurechnen, wenn diese nicht in das GOÄ-Gebührenverzeichnis aufgenommen worden sind. Dies setzt nach § 6 Abs. 2 GOÄ voraus, dass es sich um eine selbstständige ärztliche Leistung handelt, welche einer im Gebührenverzeichnis explizit geregelten Leistung „entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertig“ ist.
Die Bundesärztekammer (BÄK) hat bereits vor fast 40 Jahren im Jahr 1983 „Grundsätze analoger Bewertungen“ nach § 6 Abs. 2 GOÄ beschlossen, die auch heute noch zur Auslegung der dargelegten Tatbestandsmerkmale des § 6 Abs. 2 GOÄ herangezogen werden. Nach diesen Grundsätzen der BÄK ist eine Leistung nicht selbstständig, wenn sie lediglich einen Teilabschnitt oder eine Modifikation einer anderen Leistung darstellt. Von mehreren vergleichbaren GOÄ-Gebührenabrechnungspositionen sind für eine analoge Berechnung vorrangig diejenigen heranzuziehen, die in demselben Leistungsabschnitt der GOÄ geregelt sind. Sofern dies nicht möglich ist, können Gebührentatbestände aus anderen Abschnitten oder sogar mehrere Gebührenpositionen herangezogen werden.
Die Gleichwertigkeit einer geregelten Leistung im Sinne des § 6 Abs. 2 GOÄ ist nach der BÄK weit zu verstehen: Nicht nur die Tatbestandsmerkmale einer im Gebührenverzeichnis geregelten Leistung müssen mit denen der analogen Leistung gleichwertig sein, auch die Rechtsfolgen bzw. nach der BÄK die „Rahmenbedingungen“ der beiden Leistungen müssen sich genau entsprechen. Dies soll nach der BÄK für Gebührenrahmen, vorgesehene Mindestzeiten, Abrechnungsausschlüsse, zeitbezogene Begrenzungen etc. gelten.
§ 12 Abs. 4 GOÄ sieht für die Abrechnung von analogen Leistungen bestimmte besondere Vorgaben vor. Danach muss die herangezogene analoge GOÄ-Gebührenposition einen Zusatz „analog“ oder „entsprechend“ enthalten, die Nummer und die Bezeichnung der gleichwertigen Leistung ist anzugeben und die erbrachte analoge Leistung muss darüber hinaus für den Patienten bzw. für den Zahlungspflichtigen verständlich beschrieben werden. Die BÄK erließ ein exemplarisches Verzeichnis von analogen Leistungen nach § 6 Abs. 2 GOÄ mit eigenen „Platzhalternummern“, die auch von den abrechnenden Ärzten verwendet werden können.