Neurostimulation bald auch ohne Operation möglich?
Dr. Melanie SöchtigDie Stimulation des Gehirns mit elektrischen oder magnetischen Reizen bietet vielversprechende Möglichkeiten bei der Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen. Bislang ist hierfür in der Regel eine Operation nötig. Eine innovative Methode könnte das künftig ändern.
Bereits in den letzten Jahren hat sich die Neurostimulation bei verschiedenen Erkrankungen des Nervensystems als hilfreich erwiesen. So sprechen sich europäische Fachgesellschaften in ihren Leitlinien beispielsweise für die tiefe Hirnstimulation zur Verbesserung der motorischen Symptome einer fortgeschrittenen Parkinson-Erkrankung aus. Dabei werden den Betroffenen feine Elektroden implantiert, um ein bestimmtes Kerngebiet im Gehirn elektrisch zu stimulieren.
Wie jeder Eingriff ist aber auch diese Operation mit gewissen Risiken verbunden. Dies ließe sich mit nicht-invasiven Methoden der Neurostimulation möglicherweise umgehen. Zu diesen zählt unter anderem die Transkranielle Ultraschallstimulation (TUS), mit der sich auch tief gelegene Hirnstrukturen stimulieren lassen.
Ultraschall erreicht tiefe Hirnregionen
Eine aktuelle Übersichtsarbeit fasst die Ergebnisse zu Wirksamkeit und Sicherheit der TUS aus 35 Studien zusammen. Darin wurde die Technik an insgesamt 677 Teilnehmenden untersucht, darunter sowohl gesunde Menschen als auch Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen, Demenz, Epilepsie, Schädel-Hirn-Trauma und Depressionen.
Die Effekte, welche sich direkt nach der Stimulation beobachten ließen, unterschieden sich zwischen verschiedenen Systemen und waren abhängig von Parametern wie der Frequenz der Ultraschallwellen und der Stimulationsdauer. In einigen Fällen wurden direkte körperliche Reaktionen auf die TUS in Form von taktilen Empfindungen und Phosphene-Wahrnehmungen berichtet. Außerdem ließen sich neuromodulatorische Wirkungen, die je nach den Beschallungsparametern exzitatorisch oder inhibitorisch waren, im primären motorischen sowie im somatosensorischen Kortex nachweisen.
Methode scheint wirksam und sicher zu sein
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass mittels TUS die Erregbarkeit und Konnektivität des Gehirns verändert werden konnten. Darüber hinaus zeigten sich positive Effekte auf die neuronale Plastizität und das Verhalten.
Bei der Anwendung von TUS kam es zu keinen schweren unerwünschten Ereignissen. Leichte bis moderate Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Stimmungsverschlechterung, Kopfhauterwärmung, kognitive Probleme, Nackenschmerzen, Muskelzuckungen, Angstzustände und Schläfrigkeit traten bei 3,4 Prozent der Teilnehmenden auf.
Bis die TUS tatsächlich Einzug in die Praxis erhält, wird nach Einschätzung der Autorinnen und Autoren der Übersichtsarbeit wohl noch einige Zeit verstreichen, da die Technik zuvor noch verfeinert werden muss.