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Dermatologie

Ein internationales Team unter der Leitung von Professor Matthias Mann vom Max-Planck-Institut für Biochemie und Professor Lars French vom LMU Klinikum München hat eine potenziell lebensrettende Entdeckung gemacht, die Menschen mit toxischer epidermaler Nekrolyse (TEN) helfen könnte. Diese seltene, oft tödliche Nebenwirkung bestimmter Medikamente verursacht großflächige Hautablösungen und kann ohne wirksame Therapien in bis zu 30 Prozent der Fälle tödlich verlaufen. Mittels räumlicher Proteomik, einer hochentwickelten molekularbiologischen Technologie, wurde der entzündliche JAK/STAT-Signalweg als Hauptursache der Erkrankung identifiziert.

„Durch die Anwendung räumlicher Proteomik auf archivierte Patientenproben mit TEN konnten wir einzelne Zelltypen präzise isolieren und analysieren, um zu verstehen, was tatsächlich in der Haut der Patienten passiert. Wir stellten eine auffällige Überaktivierung des entzündungsfördernden JAK/STAT-Signalwegs fest und fanden so eine Möglichkeit, mit JAK-Inhibitoren in diese tödliche Erkrankung einzugreifen,“ erklärt Dr. Thierry Nordmann, Erstautor und Wissenschaftler am MPIB sowie Oberarzt der Klinik für Dermatologie und Allergologie am LMU Klinikum.

Neue Perspektiven durch klinische Anwendung von JAK-Inhibitoren

Nach präklinischen Tests an verschiedenen Modellen wurden erstmals weltweit sieben TEN-Patienten mit JAK-Inhibitoren behandelt. Die Ergebnisse sind vielversprechend: Alle Patienten zeigten eine rasche Genesung. Professor Lars French unterstreicht die Bedeutung dieser Behandlungserfolge: „Die neuen Beweise, dass die Hemmung des JAK/STAT-Signalwegs das Potenzial hat, die hohe Sterblichkeit dieser schweren kutanen Arzneimittelreaktion zu reduzieren, ebnet den Weg für klinische Studien zur Zulassung von JAK-Inhibitoren, um eines der bedeutendsten, bislang nicht behandelbaren medizinischen Probleme zu lösen.“

Obwohl die Ergebnisse aus der Off-Label-Anwendung positiv sind, bleiben größere klinische Studien erforderlich, um Sicherheit und Wirksamkeit von JAK-Inhibitoren bei TEN umfassend zu bestätigen.

Räumliche Proteomik als Innovationsmotor in der Medizin

Die Entwicklung dieses Therapieansatzes verdeutlicht das transformative Potenzial der räumlichen Proteomik. „Unsere Ergebnisse eröffnen nicht nur neue Wege zur Behandlung von TEN, sondern unterstreichen auch das Potenzial der räumlichen Proteomik, medizinische Durchbrüche voranzutreiben,“ fasst Professor Matthias Mann vom MPIB zusammen.

Durch die Kombination moderner Mikroskopie, KI-gestützter Analyse und hochempfindlicher Massenspektrometrie ermöglichte die räumliche Proteomik eine präzise Charakterisierung der entzündlichen Prozesse bei TEN und könnte auch in anderen Bereichen der Medizin zu Durchbrüchen führen.