Inflation: Gekommen, um zu bleiben
A&W RedaktionFast die Hälfte der Deutschen hat Angst, durch Inflation ihr Geld zu verlieren. Die Notenbanken dagegen werden nicht müde, immer wieder zu betonen, dass es sich um ein vorübergehendes Phänomen handelt. Doch die Inflation ist gekommen, um zu bleiben. <strong>Finanzplaner
Der derzeitige Anstieg der Inflation ist ohne Frage einigen Sondereffekten geschuldet. Im Juli vergangenen Jahres sind in Deutschland die Mehrwertsteuersätze gesenkt worden. Dadurch sind viele Waren billiger geworden. Diese Steuersenkung ist inzwischen rückgängig gemacht worden. Dadurch werden diese Waren wieder teurer. Die Preise sind also jetzt besonders hoch, weil sie im vergangenen Jahr besonders niedrig waren. Allein das könnte nach Meinung vieler Ökonomen die Inflationsrate um rund 1,6 Prozentpunkte nach oben getrieben haben.
Andere sehen in der Pandemie den wahren Grund für das steigende Preisniveau. Die Logistik und das Preisgefüge der globalen Wirtschaft sind durcheinandergeraten. Es dauert seine Zeit, bis die Produktion wieder das Niveau vor der Pandemie erreicht hat und die Lieferketten reibungslos funktionieren. Spätestens dann wird der Druck auf die Preise nachlassen.
Risiko einer selbst erfüllenden Prophezeiung
Allerdings besteht das Risiko, dass hohe Inflationserwartungen zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden und die Inflation ankurbeln. „Wer mit der Inflation flirtet, wird von ihr geheiratet“, formulierte es der ehemalige Bundesbankpräsident Otmar Emminger in den Siebzigerjahren. Der erste Ölpreisschock trieb damals die Preise nach oben. 1973 wurde mit 7,1 Prozent ein extrem hoher Wert gemessen. Die Gefahr dabei: Steigende Preise können dazu führen, dass Arbeitnehmer höhere Löhne durchsetzen. Höhere Löhne führen fast zwangsläufig zu steigenden Preisen und das Spiel beginnt von vorne. Dieses Verhalten setzt eine klassische Lohn-Preis-Spirale in Gang.
Zudem kommt die Inflation nicht unerwartet. Viele Ökonomen rechneten schon lange mit einer steigenden Inflation und waren verwundert, dass es nicht schon seit Jahren zu noch viel höheren Inflationsraten gekommen ist. Der klassischen Lehre nach treibt nichts die Inflation so stark an wie eine steigende Geldmenge. Aufgrund der expansiven Geldpolitik der Notenbanken weltweit ist seit der Finanzkrise viel mehr Geld im Umlauf als zuvor. Die Rettungspakete der Coronakrise haben diese Entwicklung potenziert.
Steigende Inflationsraten als gute Nachricht für Anleger
Letztlich sind die steigenden Inflationsraten für Aktienanleger eine gute Nachricht. Steigende Teuerungsraten sind ein Indiz dafür, dass die Wirtschaft wieder in Gang kommt. Aktien von Top-Unternehmen mit führenden Wettbewerbspositionen, starken Marken und loyalen Kunden, die dadurch über Preissetzungsmacht verfügen, können höhere Kosten im Einkauf oder in der Produktion in Form von Preiserhöhungen an ihre Kunden weitergeben.
Anleger sollten jetzt dringend die Struktur und die Zusammensetzung ihrer Depots überprüfen. In dem immer noch geltenden Niedrigzinsszenario haben Anleihen ihren Status als „sicherer Hafen” schon lange eingebüßt. Auch Tages- und Festgeld sind der Inflation schutzlos ausgeliefert. Wer die Entwicklung ignoriert und nicht handelt, wird Geld verlieren.
*Der Autor: Markus Richert ist Finanzplaner bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln.