Grün ist die Hoffnung: Cannabis als Wertanlage
A&W RedaktionIn immer mehr Ländern ist Cannabis als Rauschmittel oder zu medizinischen Zwecken legal. Das berauscht die Börse und Produzenten von Cannabis, deren Aktien in die Höhe schießen.
Wer aktuelle Informationen über Cannabis-Handel an Börsen liest, mag denken, dass einige Anleger sich im Marihuana-Rausch befinden. Der Grund: Immer mehr Staaten erlauben Cannabinole als Medikament oder Rauschmittel – das treibt die Aktienkurse neu gegründeter Anbauunternehmen in ungeahnte Höhen. Selbst Stars wollen bei dem Geschäft kräftig mitverdienen, wie etwa Ex-Box-Profi Mike Tyson. Der ehemalige Weltmeister im Schwergewicht hat sich in der 15.000-Seelen-Stadt California City 16 Hektar Land gekauft, um dort eine Cannabis-Ranch zu eröffnen, die über den Hanf-Anbau hinausgeht. Ein Hinweis dafür, dass selbst normale Anleger euphorisiert sind von den Gewinnaussichten.
Seit September 2017 geht es bei den Aktien rasant nach oben. „Innerhalb von nur 30 Tagen legten die meisten Cannabis-Aktien um durchschnittlich 30 Prozent zu“, erklärte unlängst wallstreet:online-Vorstand Stefan Zmojda. Die Anteilsscheine der kanadischen Hanfproduzenten verteuerten sich 2017 im Schnitt sogar um 250 Prozent – diesen Gewinnsprung toppen nur noch Kryptowährungen.
Freigabe beflügelt Anleger
Die Entscheidung Kaliforniens, den Handel mit Marihuana freizugeben, pusht den Markt am stärksten. Seit Jahresbeginn ist Kiffen in dem bevölkerungsreichsten US-Bundesstaat und der sechstgrößten Volkswirtschaft der Welt nicht mehr nur für medizinische Zwecke erlaubt. Bislang ist Marihuana in acht US-Staaten als Genussmittel zum Freizeitgebrauch zugelassen. Auch Kanada wird voraussichtlich als zweites Land der Welt – nach Uruguay – Cannabis Mitte 2018 vollends freigeben. Niederlande, Norwegen, Portugal, Tschechien und eine Reihe lateinamerikanischer Länder gestatten den privaten Gebrauch von Cannabis. Was die Geschäfte der auch an deutschen Börsen gelisteten Gesellschaften beflügelt, ist die Aufweichung der Drogenpolitik in zahlreichen Staaten. Zusätzlich ist in Australien, Kanada und 21 US-Bundesstaaten die medizinische Nutzung von Cannabis freigegeben.
Riesiger Markt
Allein in Kalifornien könnte der Markt Schätzungen zufolge bis 2020 auf jährlich 5,8 Milliarden Euro anwachsen. Sowohl der medizinische Verbrauch als auch der Einsatz als Genussmittel sollen rasant zulegen. Die Cannabis-Experten des Researchhauses New Frontier Data rechnen mit einem US-weiten Anstieg des legalen Umsatzes auf mehr als 24 Milliarden Dollar im Jahre 2025. Ein großer Player an der Börse ist das kanadische Unternehmen Abattis Bioceuticals. Das börsennotierte Unternehmen im kanadischen Vancouver konzentriert sich auf die Entwicklung von Verfahren, um Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) aus Hanfpflanzen zu extrahieren. In den vergangenen zwölf Monaten ist der Aktienkurs von Abattis um mehr als 177 Prozent gestiegen.
Produzenten in den Startlöchern
Weitere große Produzenten sitzen in Kanada in Lauerstellung. Die veränderte politische Stimmungslage hat in Kanada neben Abattis eine Reihe weiterer Unternehmen an die Börse geführt, deren Geschäftsmodell rund um die Nutzung von Cannabis aufgebaut ist. Zwei von ihnen sind auch an deutschen Handelsplätzen gelistet: Aphria hat sich auf den Anbau von medizinisch genutztem Hanf spezialisiert. Im jüngsten Quartal konnte die kanadische Gesellschaft mit dem Verkauf des extrahierten THC einen Nachsteuergewinn von umgerechnet 9,6 Millionen Euro erzielen. Der Aktienkurs verdoppelte sich in den vergangenen drei Monaten. Sogar um 235 Prozent legte im selben Zeitraum die Aktie von Aurora Cannabis zu. Der Hanfproduzent erzielte im vergangenen Quartal zwar nur einen Nettogewinn von knapp drei Millionen Euro. Was die Anleger freudig stimmt, dürfte der massive Ausbau der Anbauflächen sein, der auf deutlich höhere Erträge in der Zukunft schließen könnte.
Langer Atem ist gefragt
Nach den hohen Kursgewinnen der vergangenen Monate könnten die Notierungen der Cannabis-Aktien in nächster Zeit möglicherweise wieder fallen. Wer allerdings langfristig denkt, so die Meinung vieler Experten, für den dürfte sich ein Einstieg jedoch auszahlen.
So produziert die kanadische Cannabis-Firma Aurora auch für deutsche Apotheken und hat mit Exporten medizinischen Marihuanas im vergangenen Quartal seinen Umsatz hierzulande deutlich steigern können. Aurora gehört, gemessen an der Marktkapitalisierung, zu den größten Cannabis-Produzenten und ist in beiden Indizes, also auch im ETF und im Wikifolio, enthalten. Allein im vierten Quartal 2017 stieg der Umsatz des Unternehmens um satte 200 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Auch die Produktions-Kapazität steigt und neue Labore sollen in Alberta und Quebec entstehen. Damit positioniert sich das Unternehmen für die Legalisierung des Konsums in Kanada wie auch für die Erschließung neuer Märkte in Australien, Dänemark und Italien.
Wachstum oder Absturz?
Zwar sind die Zahlen von Aurora kein Spiegelbild für den gesamten Markt. Wie in allen Bereichen wird es auch bei den Cannabis-Produzenten Gewinner und Verlierer geben.
Eine wichtige Frage ist, wie viel von der Antizipation auf steigende Kurse bereits in den Aktien der Cannabis-Produzenten eingepreist ist. Gemessen an den Unternehmens-Gewinnen erscheinen die Bewertungen an der Börse recht hoch. Eine weitere Sorge: Können Produzenten die vermutlich extreme Nachfrage von Cannabis-Produkten nach der Legalisierung in Kanada auch tatsächlich bedienen? Auf schnelle Gewinne sollte erstmal niemand hoffen. Wer seine Investitionen mit dem Wikifolio oder dem ETF auf mehrere Positionen streut, kann die hohen Schwankungen an der Börse jedoch beruhigt aussitzen.