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Allgemeinmedizin

Die Entwicklung ist eigentlich nicht neu: Mitteleuropa erlebt zunehmend längere und häufigere Hitzewellen –  schon seit rund 20 Jahren. Bei Temperaturen über 30 Grad Celsius kann dies insbesondere für Millionen vulnerabler Mensch lebensgefährlich werden. Dazu zählen Säuglinge und Kleinkinder, Schwangere, Ältere und chronisch Erkrankte mit Herz-Kreislauf- oder Lungenleiden, Krebs und Diabetes. Es brauche daher Schutzmaßnahmen, warnte die Deutschen Herzstiftung Ende 2023 anlässlich der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen in Dubai. Die hitzebedingte Übersterblichkeit bedingte nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts 8.700 Sterbefälle 2018 und 6.900 im Jahr 2019 sowie 4.500 Fälle im Sommer 2022.

Schädliches Doppel: Hitze und Luftverschmutzung

Herzinfarkte und Schlaganfälle treten in Hitzeperioden häufiger auf, gerade wenn weitere Faktoren wie Luftverschmutzung dazukommen. Denn unter Sonneneinstrahlung, Hitze und Trockenheit entsteht nicht nur vermehrt Feinstaub, sondern auch Ozon. Die Schadstoffe aktivieren Fresszellen und Entzündungsreaktionen in den unteren Atemwegen. Freie Radikale verstärken die Entzündung, die dann auf das Lungengewebe und den gesamten Körper übergreift. Der von außen gesetzte chronische Entzündungsreiz befördert eine „Low-Level-Entzündungsreaktion“, die arteriosklerotischen Prozessen Vorschub leistet. Bestehen bereits Gefäßschäden, kann dies vorzeitig Herzinfarkte oder Schlaganfälle provozieren. Zudem können Abgase, insbesondere von Dieseltreibstoffen, die Blutplättchen von Personen mit koronarer Herzkrankheit aktivieren und ihr akutes Herzinfarktrisiko erhöhen. Davon betroffen sind gemäß Expertenschätzungen rund fünf Millionen Menschen in Deutschland.

Ansatzpunkte für die Beratungspraxis zum Klimawandel

Ärztinnen und Ärzte erreichen weite Teile der Bevölkerung und können über diese Risiken sowie über wichtige Verhaltensmaßnahmen bei länger währenden Hitzeperioden informieren. Patientinnen und Patienten müssen wissen:

  • Gefäßerweiterung und Schwitzen kühlen den Körper, senken aber gleichzeitig den Blutdruck und beschleunigen den Herzschlag.

  • Schwitzen nimmt dem Körper Flüssigkeit und Elektrolyte (Blutsalze, etwa Kalium und Natrium), was bei unzureichenden Trinkmengen dehydriert.

  • Dies verändert die Viskosität des Blutes und die Gerinnungsfähigkeit und erhöht so das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Venenthrombose und Lungenembolie.

  • Chronisch Erkrankte sollten bereits vor Beginn einer Hitzewelle hinsichtlich einer eventuell notwendigen Medikamentenanpassung beraten werden.

  • Bei Lungen- und Atemwegsproblemen sollten in Waldbrandregionen medizinische Vorkehrungen zum Atemwegsschutz getroffen werden.

  • Sind bereits Infrastrukturen wie klimatisierte öffentliche Räume, Hitzeleitstellen oder Hitze-/Extremwetterwarn- und -alarmsysteme implementiert, sollten Risikopatientinnen und -patienten ermutigt werden, sie zu nutzen.

Die Herzstiftung weist auch darauf hin, dass Verhaltensänderungen für Klimaschutz häufig gesundheitsförderlich sind. Eine Ernährungsumstellung beispielsweise auf die herzgesunde Mittelmeerküche und vermehrte körperliche Aktivität dienen der Gesundheit und dem Klimaschutz. Politische Entscheidungen müssen dazu beitragen, solche Verhaltensumstellungen und Maßnahmen der Klimaanpassung kostengünstig und einfach zu gestalten.

Der kostenlose Ratgeber „Überleben – Hitze, Klimawandel und andere Probleme“ gibt Tipps zur Vorsorge und zum Umgang mit den Klimaveränderungen. Er ist erhältlich unter www.herzstiftung.de/bestellung.

Quelle:

u. a. www.herzstiftung.de