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Medizin

Prostatakrebs ist in 112 Ländern die häufigste Krebserkrankung bei Männern und macht 15 Prozent aller Krebserkrankungen aus“, so die Lancet-Kommission für Prostatakrebs. Arbeitsgruppen der Kommission haben sich mit folgenden Bereichen beschäftigt: Epidemiologie und zukünftige prognostizierte Trends bei Prostatakrebsfällen, Diagnoseweg, Behandlung und Management fortgeschrittener Erkrankungen.

Prognose für 2040: 2,9 Millionen Prostatakrebs-Neuerkrankungen pro Jahr

Im Jahr 2020 gab es geschätzt weltweit etwa 1,4 Millionen neue Prostatakrebserkrankungen und rund 375.000 Männer sind an der Krankheit gestorben. Geschätzt deshalb, weil es nicht in allen Ländern zuverlässige Krebsregisterdaten gibt. Die meisten Neuerkrankungen gab es in Nord- und Westeuropa, der Karibik, Australien, Neuseeland, Nordamerika und dem Süden von Afrika. In Deutschland sind 2020 laut des Zentrums für Krebsregisterdaten 65.820 Männer neu an Prostatakrebs erkrankt und 15.403 an Prostatakrebs gestorben. In Nordamerika, Ozeanien sowie Nord- und Westeuropa sind die Sterblichkeitszahlen seit Mitte der 90er Jahre zurückgegangen. In vielen Ländern Asiens, Afrikas sowie Mittel- und Osteuropas sind sie in derselben Zeit angestiegen.

Aufgrund der Auswertung demografischer Daten rechnet die Kommission bis zum Jahr 2040 mit einer weltweiten Verdopplung der Neuerkrankungen pro Jahr auf 2,9 Millionen und einem Anstieg der Todesfälle auf 700.000. Sie führt das auf die stärkere Bevölkerungsalterung zurück. Mit diesem Anstieg der Erkrankungen wird auch ein Anstieg der Kosten für Diagnose und Behandlung einhergehen.

Kommission empfiehlt PSA-Tests ab 45 Jahren für Risikogruppen

Um diesen zunehmenden Zahlen zu begegnen, sei es wichtig, Prostatakrebs im Frühstadium zu diagnostizieren, wo er mit weniger Aufwand und größeren Heilungschancen zu behandeln ist. Allerdings werde Prostatakrebs gerade in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen (LMIC) häufig erst in einem fortgeschrittenem Stadium erkannt. In Ländern mit hohem Einkommen (HIC) hingegen, werden bei älteren Männern häufig zu viele PSA-Tests gemacht und bei jüngeren Männern mit hohem Risiko zu wenig.

Die Kommission schlägt deshalb PSA-Tests bereits ab einem Alter von 40 Jahren für besonders gefährdete Männer mit BRCA2-Mutation, ab 45 Jahren für Männer mit Prostatakrebs in der Familienanamnese sowie schwarze Bevölkerungsgruppen und ab einem Alter von 50 Jahren für alle anderen vor. Um Überdiagnosen und Überbehandlung zu reduzieren, empfiehlt die Kommission MRTs vor Biopsien.

Der Bericht betont auch, wie wichtig Aufklärung ist, gerade in LMICs, um Menschen für die Diagnose Prostatakrebs sowie Früherkennungsmaßnahmen zu sensibilisieren. Das könne durch Smartphone-Kampagnen geschehen. Desweiteren empfiehlt die Kommission, künstliche Intelligenz bei Diagnose und Behandlung einzubeziehen.

Definierte und finanzierte Kerntherapien sind bei Prostatakrebs wichtig

Der prognostizierte Anstieg an Prostatakrebserkrankungen werde einen steigenden Bedarf an Diagnosemöglichkeiten, strahlentherapeutischen und chirurgischen Einrichtungen sowie ausreichendem und entsprechend geschultem Personal nach sich ziehen. In LMICs sollten Regierungen mindestens ein Krebszentrum finanzieren, das diese Möglichkeiten anbietet und allen Menschen über staatliche Krankenversicherungen den Zugang ermöglichen. Damit könnten mehr Erkrankungen in einem frühen Stadium erkannt und leichter geheilt werden.

Die Kommission empfiehlt bei lokal begrenztem Prostatakrebs aktive Überwachung und Behandlung bei Bedarf, Operation oder Strahlentherapie. Dabei komme die aktive Überwachung vor allem in HICs in Frage bei Erkrankten mit geringem Risiko, um Überbehandlung zu vermeiden. In LMICs sei es wichtig, mehr Urologen auszubilden, damit Erkrankte professionell diagnostiziert und chirurgisch behandelt werden können.

„Für fortgeschrittene Erkrankungen sowohl in HICs als auch in LMICs sollten Kerntherapien definiert und finanziert werden, um das Überleben zu maximieren und die Gesundheitskosten zu minimieren.“ Durch ein individuell angepasstes Behandlungskonzept aus Androgendeprivationstherapie, Chemotherapie, Immuntherapie oder Strahlentherapie lassen sich die Gesamtüberlebenszeit deutlich erhöhen und schwere Komplikationen verringern. Allerdings haben vor allem Männer in LMICs keinen Zugang zu wirksamen medikamentösen Krebstherapien oder zu palliativer Schmerzlinderung.

Quelle:

https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(24)00651-2/fulltext

https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Prostatakrebs/prostatakrebs_node.html