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Vertragsrecht

Manche E-Mails haben einen besonders wichtigen Inhalt, etwa weil es erforderlich ist, dass der Empfänger bestimmte Informationen erhält, eine Frist gewahrt werden muss, der Absender einen Vertrag kündigt oder ein Vertragsangebot annimmt. Doch nicht immer läuft alles glatt. Kommt es im Nachhinein zum Streit darüber, ob der Empfänger die Mail erhalten hat, verweisen viele Absender auf ihren Postausgang: Die Mail ist an die richtige E-Mail-Adresse versendet worden – also muss sie auch zugegangen sein. Doch so einfach ist es leider nicht. 

Bei Briefen und E-Mails muss der Absender den Zugang beweisen

Das Oberlandesgericht (OLG) Rostock hat sich in einem Hinweisbeschluss im Rahmen eines Berufungsverfahrens ausführlich mit der Frage beschäftigt, warum die nachgewiesene Versendung einer E-Mail keinen ausreichenden Beweis für deren Zugang bietet. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird eine empfangsbedürftige Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Empfänger zugeht. Doch was genau heißt das?

Zugang bedeutet rechtlich, dass die Erklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein muss, dass mit einer Kenntnisnahme unter normalen Umständen zu rechnen ist. Wird eine Willenserklärung per Brief abgegeben, gilt sie normalerweise als zugegangen, wenn der Brief in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen worden ist. Hier muss man allerdings einschränken: Wer einen Brief erst um 20 Uhr eigenhändig in den Briefkasten eines Empfängers einwirft, kann nicht damit rechnen, dass er noch am selben Tag gelesen wird. Unter normalen Umständen kommt die Post erst wieder am nächsten Tag, erst dann ist auch mit Kenntnisnahme zu rechnen.

Beweisen muss den Zugang der Absender. Bei einem einfachen Postversand ist das nicht möglich. Daher sollte bei wichtigen Briefen ein Einwurfeinschreiben oder ein Einschreiben mit Rückschein gewählt werden. Wer einen Brief selbst beim Empfänger einwerfen will, sollte dies unter Zeugen tun und sich den Einwurf vom Zeugen schriftlich bestätigen lassen.

Doch nicht nur das: Damit der Empfänger nicht behaupten kann, der Umschlag wäre leer gewesen, empfiehlt es sich sogar, den Zeugen einen Blick auf den Inhalt des Schreibens im Umschlags zu gewähren. 

Bei einer digital abgegebenen Willenserklärung kommt es parallel dazu darauf an, dass diese im digitalen Postfach des Empfängers eingegangen ist. Erst dann ist unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen. Das Problem ist nur: Den Zugang muss auch hier der Absender beweisen. Das ist in der Regel nur mit einer Lesebestätigung möglich. Das sah auch das OLG Rostock so.

Empfänger muss seinen digitalen Posteingang nicht offenlegen

Der Nachweis, dass die E-Mail versendet wurde, stellt noch keinen Beweis des ersten Anscheins dar, dass sie auch zugegangen sein muss. Denn es kann auch Störungen geben oder die Mail kann im Spam-Filter hängen bleiben. Damit muss der Absender den Zugang voll beweisen. Das kann er nur mit einer Lesebestätigung. Er kann nicht verlangen, dass der Empfänger sein E-Mail-Postfach offenlegt. Dass, sagen die Richter, käme einer Durchsuchung des Briefkastens oder der Wohnung und Geschäftsräume eines Empfängers einer per Brief versandten Willenserklärung gleich. Und diese sei nicht zulässig (03.04.2024, Az. 7 U 2/24).

Daher sollte bei wichtigen E-Mails zumindest eine Lesebestätigung angefordert werden. Die Krux: Diese kann jedoch vom Empfänger abgelehnt werden. Darüber erhält der Absender keine Nachricht, so dass er vor demselben Beweisproblem stehen kann.

Daher sollten wichtige fristgebundenen Willenserklärungen besser per Einwurfeinschreiben oder Einschreiben mit Rückschein auf den Weg gebracht werden.  Auch eine persönliche Übergabe der Willenserklärung und die Versendung über einen Boten sind sicherere Wege.