Patient darf seinem Hausarzt ein Grundstück vermachen
Ina ReinschDarf ein Hausarzt gegen umfangreiche ärztliche Betreuung nebst Hausbesuchen von einem Patienten ein Grundstück erben? Der BGH stellt klar, dass dies nicht gegen das Berufsrecht verstößt. Allerdings könnte der Deal an einer anderen Sache scheitern. Was Ärztinnen und Ärzte dazu wissen sollten.
Do ut des – ich gebe, damit du gibst – so könnte man wohl beschreiben, welches Geschäft ein Patient mit seinem Hausarzt einging. Der Patient versprach dem Arzt, dass er nach seinem Tod ein Grundstück erhält. Im Gegenzug verpflichtete sich der Arzt zu umfangreichen ärztlichen Leistungen, unter anderem zu medizinischer Beratung und Behandlung, zu Hausbesuchen und telefonischer Erreichbarkeit. Das Ganze wurde im Januar 2016 in einem notariellen „Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag“ zwischen dem Patienten, dem Hausarzt sowie der den Patienten pflegenden Person vor einem Notar festgezurrt.
Noch im selben Jahr verfasste der Patient ein notarielles Testament. Danach sollte die ihn pflegende Person mit Ausnahme des Hauses allein erben. Der Patient starb 2018, die Pflegerin nahm seinen Nachlass in Besitz. Der Hausarzt wiederum musste 2019 Insolvenz anmelden. Der Insolvenzverwalter verlangte nun von der Pflegerin, dass sie das Grundstücks an die Insolvenzmasse übertragen solle. Es kam zum Streit.
BGH widerspricht OLG
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm wies die Klage des Insolvenzverwalters noch ab. Aus dem Vermächtnis (Zuwendung einzelner Vermögensgegenstände durch letztwillige Verfügung) könne der Insolvenzverwalter keinen Anspruch herleiten. Es sei nämlich wegen Verstoßes gegen das standesrechtliche Verbot, sich als Arzt Geschenke versprechen zu lassen oder anzunehmen, unwirksam (§ 32 Abs. 1 Satz 1 der Berufsordnung der örtlich zuständigen Ärztekammer Westfalen-Lippe (BO-Ä)).
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste nun darüber entscheiden, ob das Vermächtnis an den Hausarzt wirklich unwirksam war. Ob tatsächlich ein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 BO-Ä vorliegt, ließen die Richter dabei offen. Denn selbst wenn es so wäre, würde dieser nicht zur Unwirksamkeit des Vermächtnisses führen. Die Norm regelt als berufsständische Vorschrift nur das Verhältnis zwischen dem Arzt und der für ihn zuständigen Landesärztekammer. Sie verbietet deshalb nur ein Verhalten des Arztes. Der Patient soll von diesem Verbot hingegen nicht geschützt werden. Denn die Vorschrift ziele darauf ab, die Unabhängigkeit des behandelnden Arztes sowie das Ansehen und die Integrität der Ärzteschaft zu sichern. Dies könne durch berufsrechtliche Sanktionen durch die Ärztekammer ausreichend sichergestellt werden. Der Patient darf trotzdem frei entscheiden. Auch die Testierfreiheit des Patienten verbiete es, ein zugunsten des behandelnden Arztes angeordnetes Vermächtnis wegen Verstoßes gegen standesrechtliche Vorschriften für unwirksam zu erklären. Dafür brauche es ein Gesetz, die Berufsordnungen der Ärztekammern reichten dafür nicht aus.
OLG muss neu entscheiden
Zu Ende ist das Verfahren damit aber noch nicht. Der BGH hob das Urteil des OLG auf, verwies die Sache aber an das Gericht zurück. Das soll nun prüfen, ob die Vereinbarung aus dem Erbvertrag gegen die guten Sitten verstößt (02.07.2025, Az. IV ZR 93/24). Bereits 2023 hatte das OLG Frankfurt mit Verweis auf die Testierfreiheit in einem anderen Fall entschieden, dass ein Testament, in dem ein Patient seinem Arzt ein Grundstück vererbte, wirksam ist. Darauf hatte sich im aktuellen Verfahren auch der klagende Insolvenzverwalter des Hausarztes berufen.
§ 32 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe
Unerlaubte Zuwendung
Es ist nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird.