Umweltschonende IT-Systeme für die Arztpraxis
Deborah WeinbuchDie Digitalisierung frisst Strom und zwar immer mehr. Das führt zu hohen CO2-Emissionen. Da Klimaschutz auch Gesundheitsschutz ist, sollten auch Praxen alle Mittel mobilisieren, um ihren Verbrauch zu reduzieren.
Die Informationstechnologie (IT) trägt erheblich zu den weltweiten CO2-Emissionen bei. Höhere Datenraten, Clouds, 5G und Blockchain verschärfen das Problem. Mit dem massiven Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) steigt ebenfalls der Energiebedarf der Rechenzentren. Denn das ist die Crux der Digitalisierung: Der Energieverbrauch entsteht nicht nur am Endgerät beziehungsweise bei der eigenen Steckdose und dem Internetrouter. Hinzu kommt eben auch der Stromverbrauch der Rechen- und Datenzentren mit ihren Servern und Kühlsystemen. Da wir uns gesamtgesellschaftlich auf eine umfassende Digitalisierung verständigt haben, sollte es eine Priorität sein, alle damit verbundenen Emissionen so weit wie möglich zu reduzieren.
Energieeffiziente Hardware und Dienstleistungen für die Arztpraxis
Als Arztpraxis können Sie Ihre Emissionsbilanz deutlich verbessern, wenn Sie auf effiziente und umweltschonende IT-Systeme setzen. Das ist ein wichtiger Schritt, um das proklamierte Ziel der Ärzteschaft, den Klimaschutz im Gesundheitswesen zu verankern, in die Tat umzusetzen. Ein erster Schritt ist die Wahl eines nachhaltigen Stromanbieters. Darüber hinaus können energieeffiziente Hardware und Dienstleistungen bevorzugt von umweltbewussten Anbietern bezogen werden, die sich der Kreislaufwirtschaft verpflichtet fühlen. Die sogenannte Circular IT fördert die nachhaltige Entwicklung, Nutzung und Wiederverwertung von IT-Geräten. Dadurch werden Abfälle, Umweltbelastungen und CO2-Emissionen reduziert und Ressourcen geschont. Ziel der Circular IT ist es, die Lebensdauer von Geräten zu verlängern und deren optimale Nutzung sicherzustellen: durch Reparatur, Wartung, Wiederverwendung und Aufarbeitung alter Hardware („Refurbish“). Auch Mietlösungen und Device as a Service (DaaS) sind möglich. Dabei nutzen Unternehmen und Praxen IT-Geräte wie Laptops und Desktops über ein Abonnementmodell. Dies ermöglicht eine flexible Anpassung an den aktuellen Bedarf.
Wie Mails die Energiebilanz belasten
Die Energiebilanz von E-Mails ist in der Bevölkerung wenig bekannt. Laut dem „Carbon Literacy Project“ verursacht eine kurze E-Mail zwischen Laptops etwa 0,3 Gramm CO2. Zur Einordnung: Im Jahr 2022 wurden weltweit rund 333,2 Milliarden E-Mails pro Tag verschickt. Das ProSieben-Wissensmagazin Galileo führte 2019 ein Experiment durch: Ein E-Mail-Dienst forderte Nutzerinnen und Nutzer auf, innerhalb einer Stunde so viele E-Mails wie möglich zu löschen. Mehr als 27.000 Teilnehmende löschten insgesamt über 300.000 E-Mails – durchschnittlich elf pro Person – und leerten ihre Papierkörbe. Dadurch wurden 50 Gigabyte Speicherplatz auf den Servern frei, was einer Einsparung von rund 1,7 Kilo CO2 entspricht. Würde jeder in Deutschland täglich elf E-Mails löschen, könnten also 91.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Das entspricht dem Energieverbrauch von rund 125.000 Menschen. Hier ergibt sich ein einfacher Ansatzpunkt: Nicht benötigte E-Mails sollten zügig gelöscht werden, der gesamte E-Mail-Verlauf und Dateien sollten nur mit anhängen, wenn sie für die Kommunikation wichtig ist. Denn je größer die E-Mail, desto mehr Emissionen verursacht sie.
Nachhaltigkeit in der Arztpraxis institutionalisieren
Führen Sie zusammen mit dem Team eine Ist-Analyse durch. Definieren Sie klare und erreichbare Ziele und planen Sie gemeinsam konkrete Maßnahmen, um Ihre Ziele zu erreichen. Binden Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv in die Lösungsfindung ein und lassen Sie sich bei Bedarf von einem spezialisierten IT-Dienstleister unterstützen. Evaluieren Sie regelmäßig, welche Maßnahmen erfolgreich waren und welche optimiert oder durch neue ersetzt werden müssen.
Verankern Sie also Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Qualitätsmanagement.
Ernennen Sie mindestens ein Teammitglied zur Nachhaltigkeitsbeauftragten.
Erwägen Sie die Kompensation nicht vermeidbarer Emissionen. Als Goldstandard gelten laut Umweltbundesamt Klimaschutzinvestitionen in Entwicklungsländern (z. B. atmosfair oder myClimate).
Ein Ansporn auch für die Telematikinfrastruktur (TI): Das Umweltzeichen Blauer Engel zeichnet seit zehn Jahren Rechenzentren aus, die besonders energieeffizient und ressourcenschonend betrieben werden und auf Schadstofffreiheit der eingesetzten Kunststoffmaterialien bei ihren Geräten achten.