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Medizin

Das neuartige System enthält wesentliche Elemente des in der Klinik etablierten EEG-basierten Neurofeedbacks. Mithilfe von Übungen, welche am Tablet oder Handy durchgeführt werden können, erlernen Betroffene Strategien für die Bewältigung von Konzentrations- und Aufmerksamkeitsdefiziten in verschiedenen Situationen. Die Einbindung einer telemedizinischen Datenbank-Plattform erlaubt Therapeutinnen und Therapeuten Rückmeldung zu geben und den Therapieverlauf nachzuverfolgen.

Der Prototyp ist im Rahmen des Projektes „Neurofeedbacksystem zur digitalen Therapie der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) in Heimanwendung“ (NeFaH) entstanden. Beteiligt waren die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, die Carus Consilium Sachsen (CCS) GmbH, die TeleConnect GmbH und die MedicalSyn GmbH. Nach drei Jahren Entwicklung hoffen die Projektpartner nun, dass ihr System bald in die klinische Anwendung kommt. Aktuell schreiben sie hierfür Anträge zur Finanzierung.

Weiträumige Versorgung für ADHS-Betroffene möglich

„Mit der innovativen, telemedizinischen Lösung haben wir nun die Möglichkeit, mehr Betroffenen von ADHS schneller eine Therapie zur Verfügung zu stellen, und erlangen gleichzeitig die Chance, die Grundversorgung von Betroffenen im ländlichen Raum zu sichern“, so Prof. Christian Beste, Leiter der Arbeitsgruppe Kognitive Neurophysiologie in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie und Direktor des Universitäts Neuropsychologie Centrums (UNC) am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden.

Die Anwendung von Neurofeedback eignet sich für Patientinnen und Patienten mit ADHS ab acht Jahren.  „Neurofeedback ermöglicht Betroffenen, auch ohne Medikamente mit der Diagnose ADHS umzugehen. Dabei ist es wichtig, zu betonen, dass dies nicht das Allheilmittel ist. Neurofeedback erfordert eine gewisse Grundkonzentration und kann nicht bei Schwersterkrankten angewendet werden“, erklärt Beste.

Weitere Anwendungsgebiete in Sicht

In zahlreichen Studien hat sich gezeigt, dass die digitale Behandlung von ADHS in Heimanwendung eine schnelle Hilfe für Betroffene darstellt und die Wirksamkeit auch nach Therapieende anhält. Da diese Therapieform die Möglichkeit bietet, Symptome unter Kontrolle zu bringen, ohne dauerhaft Medikamente einzunehmen, erfreut sie sich wachsender Beliebtheit. Der neu entwickelte Prototyp könnte sich darüber hinaus für weitere Krankheitsbilder eignen. So sind die grundlegenden Prinzipien von Neurofeedback auch bei der Behandlung von Zwangsstörungen oder bei der Schlaganfall-Rehabilitation von Interesse.