Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Abrechnung
Inhaltsverzeichnis

Hausbesuche sind generell ein problematisches Thema. Ob ein Hausbesuch wirklich nötig war oder nicht, kann die ausführende Ärztin oder der ausführende Arzt erst dann endgültig beurteilen, wenn sie/er den Betreffenden aufgesucht hat. Jeder von uns weiß bei Personen, die sie/er häufiger sieht, anhand deren Darstellung zu beurteilen, ob die Person ihre gesundheitlichen Probleme eher diminuiert oder dramatisiert. Das löst aber nicht unser Problem, ob ein angeforderter Hausbesuch dringlich ist, erst am nächsten Tag ausgeführt werden kann oder unnötig ist. In der GKV wird bei der Plausibilitätsprüfung vielfach geprüft, wie viele Hausbesuche ein Vertragsarzt verglichen mit dem Fachgruppendurchschnitt macht. Das soll den Missbrauch bei der Abrechnung verhindern. Das ändert aber nichts daran, dass ein Hausarzt Ärger bekommt, wenn er einen nötigen Hausbesuch nicht ausführt. 

Bei der Privatabrechnung ist die oben angeführte Statistik irrelevant. Allerdings gilt auch hier die im ersten Teil der Serie angesprochene Regel aus § 1, dass nur medizinisch nötige Leistungen erbracht und abgerechnet werden dürfen. Es gilt in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) die Besonderheit, dass eine auf Wunsch des Zahlungspflichtigen erbrachte Leistung abgerechnet werden darf. Eine solche muss aber in der Abrechnung als Wunschleistung markiert sein.

Paragraf 7

Für Kosten und Zeitaufwand der Anfahrt und Rückfahrt kann der Arzt eine Entschädigung geltend machen. In den §§ 8 und 9 ist diese allgemeine Regelung aus § 7 genauer ausgeführt. 

Aber Achtung: Der Steigerungsfaktor der einzelnen erbrachten Leistungen kann wegen des erhöhten Zeitbedarfes der Anfahrt als Begründung nicht über den Schwellenwert gesteigert werden. Etwas anderes ist es, wenn Sie zu einem dementen Patienten gerufen werden. Dann können Sie aufgrund der Kommunikationsprobleme durchaus einen höheren Steigerungsfaktor (z. B. 3,0-fach) für die Anamnese (GOÄ-Nr .1) begründen. Das bedeutet, dass alle Begründungen für einen höheren Steigerungsfaktor, die in § 5 (2) aufgeführt sind, sowohl für Leistungen innerhalb als auch außerhalb der Praxis genutzt werden können. Voraussetzung ist natürlich, dass es kein Verbot einer Steigerung gibt, wie etwa bei den Zuschlägen A bis K2.

Wegegeld oder Reiseentschädigung

In der GOÄ wird zwischen Wegegeld und Reiseentschädigung differenziert. Grundlage dafür ist der Radius von 25 Kilometern zwischen Start und Zielort. Für alle Zielorte, die innerhalb eines Radius von 25 Kilometern vom Startpunkt liegen, gibt es nur ein Wegegeld. Für alles, was nicht innerhalb eines Radius von 25 Kilometern liegt, kann eine Reiseentschädigung gefordert werden.

Entscheidend ist, in welchem Radius vom Ausgangspunkt (meist Praxis oder Wohnhaus) der Zielpunkt liegt. Dementsprechend sollte man auf einer Karte im Maßstab 1:25.000 einen Radius von acht Zentimetern für zwei Kilometer und 20 Zentimetern für fünf Kilometer einzeichnen. Zehn Kilometer entsprechen 40 Zentimetern und 25 Kilometer einem Radius von einem Meter auf der entsprechenden Karte.

Im § 8 stehen die Bestimmungen zum Wegegeld. In § 9 finden Sie die Bestimmungen zur Reiseentschädigung

Paragraf 8

Die Regelungen zum Wegegeld in § 8 sind sehr übersichtlich. Es wird differenziert zwischen Tag und Nacht (20 - 8 Uhr) sowie dem Radius ab dem Ausgangspunkt (Praxis bzw. Wohnhaus). Die genauen Eurobeträge finden Sie in der Tabelle.

Wegegeld gemäss § 8

 

Radius

Euro

• bis zu zwei Kilometer
• bei Nacht (zwischen 20 und 8 Uhr)

3,58
7,16

• mehr als zwei Kilometer bis zu fünf Kilometer
• bei Nacht

6,64
10,23

• mehr als fünf Kilometer bis zu zehn Kilometer
• bei Nacht

10,23
15,34

• mehr als zehn Kilometer bis zu 25 Kilometer
• bei Nacht

15,34
25,56

Ganz wichtig: Die benötigte Zeit für Hin- und Rückweg ist mit dem Wegegeld abgegolten. Es ist also völlig egal, ob man für die vier Kilometer tagsüber bei freier Straße zehn Minuten benötigt oder bei Stau oder Glatteis über eine Stunde unterwegs ist. Anders als bei den ärztlichen Leistungen sind dies Fixbeträge.

Das Wegegeld kann immer berechnet werden, wenn ein Besuch nach GOÄ-Nummer 50 berechnet wird. Wenn also drei Privatpatienten an unterschiedlicher Lokalisation besucht werden, so ist bei jedem von ihnen das volle Wegegeld berechenbar. 

Anders ist es bei einem Mitbesuch in häuslicher Gemeinschaft, dann ist das Wegegeld anteilig auf die Rechnungen der Besuchten zu teilen. Das gilt auch bei Besuchen mehrerer Personen in einer Pflegestation. In diesem Fall ist neben der Nummer 48 nur der anteilige Part des Wegegeldes pro Besuchtem abrechenbar.

Wenn nicht dringliche Hausbesuche bei einem GKV-Patienten und einem Privatpatien hintereinander durchgeführt werden, kann jeweils das entsprechende Wegegeld berechnet werden.

Ein Wegegeld kann nicht berechnet werden, wenn man zu einer Visite ins Krankenhaus fährt. Die dafür abrechenbaren Nummern 45 und 46 erlauben die Abrechnung eines Wegegeldes nicht, da das jeweilige Krankenhaus als Arbeitsstätte zählt.

Paragraf 9

Im Gegensatz zum Wegegeld werden bei der Reiseentschädigung die Zeit und eventuelle Übernachtungskosten mit berücksichtigt. Eine Reiseentschädigung kann abgerechnet werden, wenn der Einsatzort in einem Radius über 25 Kilometer vom Startort entfernt liegt. Dann entfällt das Wegegeld.

Pro mit dem Fahrzeug gefahrenem Kilometer dürfen 26 Cent in Rechnung gestellt werden. Bei Nutzung anderer Verkehrsmittel werden die realen Kosten abgerechnet.

Bei Abwesenheit bis acht Stunden können 51,13 und bei längerer Abwesenheit 102,26 Euro pro Tag in Rechnung gestellt werden.

Eventuelle Übernachtungskosten können abgerechnet werden.Eine Reiseentschädigung wird eher selten abgerechnet. Das kann unter anderem am Ertrag liegen. Denn natürlich ist die ärztliche Tätigkeit umfassender als das finanzielle Ergebnis, aber folgende Abschätzung spricht gegen eine Besuch mit Untersuchung der Thoraxorgane und einer Dauer von unter acht Stunden: Die Nummern 7 und 50, je 2,3-fach, plus die Pausche ergeben rund 115 Euro. Bei einem gut getackteten Tag mit acht Stunden Arbeitszeit in einer Privatpraxis kommt man – zurückhaltend geschätzt – auf ein Honorar zwischen 900 und 1.000 Euro.

Fallstricke

Nicht die Wegstrecke ist für das Wegegeld entscheidend, sondern der Radius vom Startort. Das kann unter Umständen, wie etwa am Mittelrhein, bedeuten, dass man in einen Ort am gegenüberliegenden Ufer muss. Bei einem Radius von fünf Kilometern können das 30 Kilometer einfache Fahrt sein, wenn die Fähre nachts nicht fährt. Auch die Uhrzeiten sind bei Wegegeld kritisch. Wer vor 20 Uhr zu einem Hausbesuch fährt und nach 20 Uhr zurück, kann unterschiedliche Wegegelder ansetzen. Das sollte man nicht vergessen.

Der Radius ist relevant

Die einfachste Lösung, um Streitigkeiten zu vermeiden, ist die Nutzung des Radius in den §§ 8 und 9 der GOÄ. Denn es ergäben sich fortwährend Diskussionen, wenn die Wegstrecke für die Abrechnung relevant wäre. Dies ist schon daran zu sehen, dass im innerstädtischen Bereich ein Hausbesuch per pedes eventuell nur 100 Meter Wegstrecke bedeutet, während man mit dem Auto einen Kilometer fahren müsste.

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