Warum Gewinn und Banksaldo der Praxis oft nicht übereinstimmen
A&W RedaktionSo manchen niedergelassenen Arzt packt nach einem Blick auf das Konto das blanke Entsetzen: Er stellt fest, dass seine Praxis auf dem Papier super dasteht, das entsprechende Geld auf der Bank aber fehlt. Falls es Ihnen auch so geht: Sorgen Sie sich nicht, es kann trotzdem alles in Ordnung sein!
Häufig stellen Niedergelassene bei der gewissenhaften Analyse ihrer Praxisumsätze fest, dass Gewinn und Banksaldo gar nicht übereinstimmen. Wer dann kein geschulter Controller ist, gerät schnell in Panik und sorgt sich, wo all das hart erarbeitete Geld geblieben sein könnte.
Doch gemach, zur Aufregung besteht unter Umständen gar kein Anlass. Man muss nämlich wissen, dass die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) ebenso wie die Jahresabschlüsse gar nicht den aktuellen Stand der Liquidität darstellen, sondern lediglich das Betriebsergebnis aus speziell steuerlicher Sicht.
Die Abweichungen zwischen steuerlichem Ergebnis und Liquidität werden durch mehrere Faktoren beeinflusst:
- So etwa erfasst die BWA gar keine Forderungen und Verbindlichkeiten. Da Praxisinhaber ihren Gewinn im Regelfall entsprechend Paragraf 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes mit Hilfe der Einnahme-Überschussrechnung ermitteln, werden tatsächlich nur die Ein- und Auszahlungen der Praxis in einem bestimmten Zeitraum betrachtet.
- Leistungen, die schon erbracht wurden, aber noch nicht zu Honorarzuflüssen geführt haben – Restzahlung der KV etwa –, bildet die BWA gar nicht ab. Und auch Eingangsrechnungen, die von Patienten noch nicht bezahlt wurden, werden ebenfalls nicht beachtet.
- Auch Investitionen und Finanzierungen bildet die BWA nur mittelbar ab. Tätigt ein Niedergelassener beispielsweise größere Investitionen, in ein neues Ultraschallgerät etwa, hinterlassen weder die zugehörigen Auszahlungen, noch der Zugang des Gerätes Spuren in der BWA. Hier wird das grundsätzliche Prinzip der Erfassung von Einnahmen und Ausgaben partiell durchbrochen, denn im Jahr der Anschaffung wird eben nicht der volle Zahlungsbetrag als Betriebsausgabe erfasst, sondern nur anteilig die Abschreibung als fiktive Betriebsausgabe. Also ist der abgehende Geldfluss im Jahr der Anschaffung viel höher als die erfasste Abschreibung. Ein Ungleichgewicht, das sich in den Folgejahren wieder ausgleicht. Entsprechend ist der in der BWA dokumentierte Geldmittelbestand dann wieder höher als das tatsächliche Praxisergebnis.
- Erfolgt eine Investition mit Fremdmitteln, wie etwa einem Bankdarlehen, werden weder der Zufluss des Darlehensbetrages noch die Tilgungsleistung als Einnahme beziehungsweise Ausgabe erfasst. Lediglich die auf das Darlehen zu entrichtenden Zinsen finden dann Eingang in die Aufzeichnung der Betriebsausgaben.
- Privatentnahmen und -einlagen werden in der BWA nicht erfasst. Entnimmt der Praxisinhaber Geld von seinem Praxiskonto für die private Lebenshaltung, weil er etwa Versicherungsprämien oder seine Einkommensteuer bezahlt, werden diese Beträge ebenfalls nicht als Betriebsausgabe erfasst, schmälern aber den Liquiditätsbestand. Entsprechendes gilt im Umkehrschluss für die Einlage privater Gelder, etwa aus einer fälligen Lebensversicherung.
All diese Faktoren führen dazu, dass der tatsächliche Geldmittelbestand, die Liquidität der Praxis, gar nicht mit dem Ergebnis der BWA beziehungsweise der Gewinnermittlung übereinstimmen kann.