Impfungen: Schmerzmittel und Antikörperantwort
Marcus SefrinSenken Analgetika oder Antipyretika, die während oder nach einer Impfung von Erwachsenen verabreicht werden, den Antikörperspiegel? Und kann dadurch das Risiko von Infektionen erhöht werden? Ein Review von Cochrane Österreich hat sich mit diesen Fragen beschäftigt.
Es ist Impfsaison, und nicht erst seit den viel diskutierten Corona-Impfungen steht die Frage nach möglichen Nebenwirkungen oft im Zentrum des Patientengesprächs. Zu den tatsächlich auftretenden lokalen und systemischen Nebenwirkungen zählen beispielsweise Schmerzen an der Injektionsstelle, eine ipsilaterale axilläre Lymphknotenvergrößerung, Fieber, Müdigkeit und Kopfschmerzen. Was passiert, wenn deswegen Analgetika oder Antipyretika eingenommen werden? Das EbM – Informationszentrum für Ärzt_innen an der Donau-Universität Krems, ein Projekt von Cochrane Österreich, ist der Frage nachgegangen, ob es Studien gibt, die zeigen, dass Schmerzmittel, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung verabreicht werden, bei Erwachsenen den Antikörperspiegel senken. In ihrem „Rapid Review“ versuchten sie auch, die dahinterliegende Frage zu klären, ob dadurch das Risiko von Infektionen erhöht wird. Die Autoren fanden fünf randomisiert kontrollierte Studien (RCTs) und zwei Kohortenstudien, die untersuchten, ob Schmerzmittel – verglichen mit Placebo – den Antikörperspiegel senken, wenn sie vor, während oder nach einer Impfung verabreicht werden. Doch nur zwei RCTs und eine Kohortenstudie wurden ausgewertet, die anderen vier Studien wurden wegen eines hohen Bias-Risikos ausgeschlossen. Gründe waren, dass der Antikörperspiegel vor der Impfung nicht angegeben war, Ergebnisse unvollständig berichtet wurden, Drop-out-Raten hoch waren oder Confounder nicht einberechnet wurden.
Vergleichbare Antikörpertiter mit und ohne Schmerzmittel
In den zwei RCTs untersuchte man, ob eine Paracetamol-Gabe (Acetaminophen) bei Personen, die eine Influenza-Impfung erhielten, die Bildung von Antikörpern beeinflusst. In der einen Studie erhielten 262 Mitarbeiter einer Klinik jeweils bei der Impfung sowie vier, acht und zwölf Stunden danach Paracetamol (325 oder 650 mg) oder Placebo. In der anderen Studie bekamen 80 Personen aus einer geriatrischen Klinik oder einem Pflegeheim bis zu viermal täglich je 1.000 mg Paracetamol oder Placebo für zwei Tage. In beiden Studien war der Antikörperspiegel nach der Impfung in allen Gruppen ähnlich, unabhängig davon, ob Paracetamol eingenommen worden war oder nicht.
In der prospektiven Kohortenstudie mit 50 Medizinstudenten bekamen alle eine Hepatitis-B-Impfung an den Tagen 0, 30 und 60 sowie drei Tage vor bis sieben Tage nach der Impfung 20 mg Piroxicam oder Placebo einmal täglich. Einen Monat nach der jeweiligen Teilimpfung war der Antikörperspiegel gegen das Hepatitis-B-Oberflächenantigen in der Gruppe mit Piroxicam ähnlich wie in der Placebo-Gruppe. Nach keiner der drei Teilimpfungen fanden die Autoren einen statistisch signifikanten Unterschied. Keine der analysierten Studien befasste sich mit der Frage, ob Schmerzmittel das Auftreten von Infektionen beeinflussen.
Konkrete Evidenz auf Anfrage
Das Team des EbM-Ärzteinformationszentrums beantwortet per Online-Formular von Medizinern gestellte Anfragen zu Themen aus dem Klinikalltag nach den Kriterien evidenzbasierter Medizin (EbM) in kompakter Form. Der Dienst wird vom Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds gefördert.
Glechner A et al. Rapid Review. EbM Ärzteinformationszentrum; Feb. 2021.