Mütterlicher Stress fördert Verhaltensauffälligkeiten
Dr. Melanie SöchtigIn den ersten Lebensjahren entwickeln Kinder die kognitiven, sozialen und emotionalen Fähigkeiten, welche die Grundlage für ihre lebenslange Gesundheit und ihre Leistungsfähigkeit bilden. Ein Leipziger Forscherteam ist jetzt der Frage nachgegangen, welche Faktoren das mütterliche Stressniveau beeinflussen und inwiefern sich das auf die Entwicklung des Nachwuchses auswirkt.
Basis für die kürzlich publizierte Studie bildeten die Langzeitdaten von 373 Mutter-Kind-Paaren von der Schwangerschaft bis zu einem Alter von zehn Jahren aus der LINA-Kohorte (Lifestyle and environmental factors and their influence on the newborn allergy risk).
Hierfür wurden die Mütter gebeten, anhand drei validierter Fragebögen ihr eigenes Stressempfinden und potenzielle Verhaltensprobleme ihres Kindes zu bewerten. Im ersten Schritt untersuchten die Wissenschaftler, welche sozialen und umweltbedingten Faktoren mit einem Anstieg des Stressniveaus der Mütter während der Schwangerschaft assoziiert sind und ob dieser Stress langfristig negative Folgen auf das Verhalten des Kindes nach sich ziehen kann.
In die Wiege gelegt?
Dabei stellten sie fest, dass sozio-ökologische Stressfaktoren, wie beispielsweise das Fehlen adäquater sozialer Räume in der Nachbarschaft, mit einem Anstieg des Stressniveaus in der Schwangerschaft korrelierten. Darüber hinaus traten Verhaltensprobleme bei Kindern im Alter von sieben, acht oder zehn Jahren häufiger auf, wenn die Mütter während der Schwangerschaft starkem Stress ausgesetzt waren.
„Unsere Ergebnisse bestätigen, dass selbst milde Formen von pränatalem Stress noch Jahre später negative Auswirkungen auf das Verhalten von Kindern haben können und unterstreichen die Bedeutung frühzeitiger Interventionsmaßnahmen, die das Wohlbefinden von Müttern steigern und die Risiken von mütterlichem Stress bereits während der Schwangerschaft verringern können“, so Dr. Federica Amici, eine der Studienautorinnen.
Ältere Geschwister: Fluch oder Segen?
Eine weitere Fragestellung der Studie war, ob sich das Vorhandensein von älteren Geschwistern negativ oder positiv auf das Auftreten von Verhaltensproblemen auswirkt. Dabei zeigte sich, dass Verhaltensprobleme wie hyperkinetische Störungen bei Kindern mit älteren Geschwistern seltener auftraten, obwohl das mütterliche Stressniveau dadurch nicht signifikant beeinflusst wurde.
Dieser positive Effekt lässt sich möglicherweise dadurch erklären, dass ältere Geschwister bei der Herausbildung wichtiger Sozialkompetenzen oder der Entwicklung von Strategien zur Problemlösung helfen. Darüber könnten sie zusätzliche Erfahrungswerte liefern, anhand derer Eltern ihre Erwartungen an ihren Nachwuchs sowie sich selbst überdenken und so ihre elterlichen Fähigkeiten ausbauen.