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Dermatologie

In Deutschland leiden ungefähr 3,6 Millionen Menschen an Neurodermitis (Atopische Dermatitis) – das entspricht etwa 13 Prozent aller Kinder und zwei Prozent aller Erwachsenen. Mindestens 222.000 sind von einer mittelschweren bis schweren Form betroffen. Die chronische Erkrankung ist durch trockene, eingerissene und entzündete Haut gekennzeichnet, begleitet von einem oft quälenden Juckreiz. „Neurodermitis schränkt die Lebensqualität stark ein, betrifft viele Alltagsbereiche und geht häufig mit einer Stigmatisierung der Betroffenen einher“, so Prof. Dr. med. Thomas Werfel, Direktor der Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, Mitglied im Vorstand der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und einer der Leitlinienkoordinatoren.

Lokaltherapie hat hohen Stellenwert

Das A und O der Behandlung sind die topische Therapie und die gute Hautpflege. Bei Patienten mit mittelgradig bis schwer ausgeprägten Symptomen reicht das aber nicht aus. Für sie gibt es inzwischen moderne systemische Therapien mit Biologika und Januskinase-Hemmern (JAK-Inhibitoren). Deshalb hat die DDG jetzt die S2k-Leitlinie zur Neurodermitis aus dem Jahr 2016 aktualisiert und auf S3 Niveau angehoben.

Die antientzündliche und gegebenenfalls antimikrobielle Lokaltherapie stellen zusammen mit der Basistherapie bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen weiterhin die wichtigsten Bausteine im Neurodermitis-Management dar.

Neue Biologika und JAK-Hemmer erhöhen die Lebensqualität

Neu in der Leitlinie sind die jetzt zugelassenen systemischen Therapeutika Abrocitinib, Baricitinib, Tralokinumab und Upadacitinib zur Behandlung moderater und schwerer Neurodermitis-Verläufe. Zu ihnen gibt es auch Hinweise zur Durchführung der Therapie. Diese Biologika und JAK-Inhibitoren wirken gut und können dadurch die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessern.

Das Leitliniengremium hat auch nicht-medikamentöse Behandlungsverfahren, wie Phototherapie, komplementärmedizinische Interventionen, Psychotherapie und Schulungsprogramme, bewertet. Die Teilnahme an Schulungsprogrammen mit nachgewiesener Wirksamkeit – AGNES für Eltern betroffener Kinder, erkrankte Kinder und Jugendliche sowie ARNE für erkrankte Erwachsene – empfehlen sie ausdrücklich.

Diagnose der persönlichen Triggerfaktoren wichtig

Ebenfalls neu in der Leitlinie ist die Unterscheidung zwischen der allgemeinen Diagnostik zur Diagnosesicherung und der Diagnostik der individuellen Triggerfaktoren, inklusive allergologischer Auslöser und berufsbedingter Aspekte. Es gebe keinen Königsweg im Umgang mit vermuteteten Provokationsfaktoren, sagt der Mitkoordinator der neuen Leitlinie, Prof. Dr. med. Hagen Ott, Chefarzt der Pädiatrischen Dermatologie und Allergologie am Kinder- und Jugendkrankenhaus Auf der Bult in Hannover. Er betont: „Die Triggerfaktoren müssen individuell identifiziert werden, bevor konkrete Empfehlungen etwa zu Diäten ausgesprochen werden.“ In manchen Fällen sei eine Eliminationsdiät hilfreich. „Die Zahl unnötiger Diäten muss aber reduziert werden, da mit ihnen immer auch die Gefahr der Fehlernährung und emotionale Belastungen einhergehen“, so Ott.

Im Anhang gibt es für alle Altersstufen praxisorientierte Checklisten, die dabei unterstützen, den Schweregrad der Neurodermitis und die Indikation für systemische Therapien einzuschätzen. Die Listen geben allgemeine Empfehlungen zur topischen Behandlung und zur antiinflammatorischen, systemischen Langzeittherapie.