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Medizin

Jährlich gehen rund 200.000 Todesfälle weltweit auf das Konto von Eierstockkrebs. Die auch als Ovarialkarzinom bekannte, bösartige Krebserkrankung zählt zu den häufigsten gynologischen Tumoren. Die Behandlung besteht in der Regel aus einer operativen Entfernung des Tumors, gefolgt von einer Chemotherapie mit platinhaltigen Medikamenten.

Obwohl die meisten Patientinnen zunächst gut auf diese Therapie ansprechen, tritt der Tumor bei etwa zwei Dritteln von ihnen nach einiger Zeit erneut auf. Damit einhergehend kommt es häufig zur Bildung eines Aszites, also einer Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle. Mit der Flüssigkeit werden unter anderem auch Krebszellen innerhalb des Körpers transportiert, wobei sich Metastasen bilden können.

Rezidive bei Eierstockkrebs sind häufig

Ein Grund für den Rückfall nach anfänglich erfolgreicher Therapie (Rezidiv) kann die Entwicklung von Resistenzen gegenüber dem Chemotherapeutikum sein. Ein Forschungsteam um Dr. Gerrit Hugendieck vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel ist nun in einer Studie dem Verdacht nachgegangen, dass dabei das Enzym ADAM17 eine Rolle spielt.

Die Metalloprotease findet sich unter anderem auf extrazellulären Vesikeln (EV), die von Krebszellen freigesetzt werden. EV sind Membranpartikel, die auch von gesunden Zellen abgegeben werden und in physiologische zelluläre Transportmechanismen involviert sind. Bereits früher hatte man festgestellt, dass sie bei Eierstockkrebs, insbesondere im Falle eines Rezidivs, gehäuft in der Aszites-Flüssigkeit der Patientinnen vorkommen. Darüber hinaus war bekannt, dass ADAM17 am Wachstum von Geweben, der Immunreaktion sowie der Tumor- und Metastasenbildung beteiligt ist, und Chemotherapeutika das Enzym aktivieren.

EV vermitteln Resistenz

Deshalb haben die Forschenden eine humane Ovarialkarzinom-Zelllinie genetisch so verändert, dass die Zellen kein ADAM17 mehr exprimierten. Dabei stellten sie fest, dass diese Zellen ganz besonders empfindlich auf das Chemotherapeutikum Cisplatin reagierten. Im nächsten Schritt gaben sie EV aus der Aszites-Flüssigkeit von Patientinnen mit Eierstockkrebs zur ADAM17-defizienten Zelllinie. Daraufhin begannen die Zellen mit der durch ADAM17 vermittelten Freisetzung von Wachstumsfaktoren wie Amphiregulin, welche über die Aktivierung nachgeschalteter Signalwege Resistenzeigenschaften übertragen können. Und tatsächlich entwickelten die ADAM17-defizienten Zellen nach der Übertragung der EV ebenfalls eine Resistenz gegenüber Cisplatin.

„Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass ADAM17 auf den EV von Ovarialkarzinomzellen tatsächlich bei der Übertragung von Chemoresistenzen eine wichtige Rolle spielt“, erklärte Dr. Nina Hedemann, Letztautorin der Studie, in einer Pressemitteilung. Weiterhin erläuterte sie, inwiefern diese Erkenntnisse dazu beitragen könnten, dass Rezidive künftig früher erkannt werden: „Beim ersten Auftreten von Ovarialkarzinomen sind zunächst meist geringere Mengen an EV nachweisbar. Wenn es zu einem Rezidiv kommt, kann die Ausschüttung von EV in einigen Fällen stark ansteigen. Tritt ein solcher Anstieg der Vesikel bei Patientinnen auf, könnte man ihn künftig frühzeitig messen und damit möglicherweise effizienter als bisher auf das Wiederauftreten des Tumors reagieren.“